Visite in Moskau: Kurz spricht sich bei Putin für Nord Stream 2 aus

Mit Russland besucht Kurz erstmals als Kanzler ein Nicht-EU-Land.
Mit Russland besucht Kurz erstmals als Kanzler ein Nicht-EU-Land.BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC
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Der Kanzler unterstütze die Pipeline durch die Ostsee. Es sei notwendig, auch in schwierigen Zeiten den Dialog mit Moskau fortzusetzen, hatte Kurz zu Beginn seines Besuchs in Moskau erklärt.

Als „Nachholbesuch" bezeichnete Bundeskanzler Sebastian Kurz die zweitägige Visite in Moskau, die er heute mit einem Besuch im Kreml beschließt. Eigentlich sei nach seinem Antrittsbesuch als OSZE-Vorsitzender im Jänner 2017 noch eine zweite Moskau-Reise im Vorjahr geplant gewesen. Wegen der Wahlen in Österreich musste sie verschoben werden. Der Vorteil: Nun kommt er nicht mehr als Außenminister, sondern als Kanzler nach Moskau.

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz betonte Kurz die Unterstützung Österreichs für die Nord Stream 2 Gas-Pipeline. Es handle sich um kein politisches Projekt. "Das ist ein wirtschaftliches Projekt", sagte Putin vor Journalisten in Moskau. Es gehe um eine Differenzierung der Routen und damit um eine Erhöhung der Energie-Sicherheit. Es gehe nicht um eine Alternative zur Ukraine. Russland werde mit der Ukraine weiterhin zusammenarbeiten. 

Das russische Unternehmen Gazprom plant den Bau einer 1200 Kilometer Gas-Pipline durch die Ostsee bis in die Nähe von Greifswald in dem deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Von dort aus soll das Gas in andere Teile Europas weitergeleitet werden. Neben deutschen wollen auch österreichische und französische Unternehmen mit Gazprom beim Bau der Pipeline zusammenarbeiten.

Viele osteuropäische Länder sehen das Bauvorhaben kritisch. Sie argumentieren, Nord Stream 2 werde Europas Abhängigkeit von russischen Energielieferungen erhöhen. Außerdem umgehe die Pipeline die Ukraine als Transitland für Gaslieferungen und untergrabe dadurch die Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine, die seit Jahren unter dem Konflikt mit prorussischen Rebellen im Osten des Landes leidet.

Internationale Konflikte

Neben bilateralen Agenden wie der Wirtschaftsentwicklung, dem Tourismus (der 2017 wieder Zuwächse verzeichnete), und Kulturthemen wollten Kurz und der russische Präsident Wladimir Putin die internationalen Konfliktherde besprechen. Wie kann man mit Moskau in der angespannten Ost-West-Lage gemeinsame Interessen finden, womöglich punktuelle Kooperationen? Das waren Fragen, die Kurz erklärtermaßen ausloten wollte. Es sei notwendig, auch in schwierigen Zeiten den Dialog mit Moskau fortzusetzen, erklärte er vor seinem Treffen mit Präsident Putin vor österreichischen Journalisten. „Russland als Partner in Krisenherden" - eine knifflige Aufgabe, wenn man an Syrien und die Ukraine denkt.

Dennoch könnte etwa in der Ukraine laut Kurz die von Moskau und Kiew gewünschte UN-Blauhelmtruppe so ein Überschneidungspunkt sein. Zwar sei man sich in vielen Details noch uneinig, referierte er den Stand der Verhandlungen, etwa Ausstattung, Lokation und genaue Funktion der UN-Soldaten. Als neutrales Land habe Österreich eine besondere Verantwortung hinsichtlich einer möglichen Beteiligung an der Mission. Wien „stehe bereit“, das habe er auch innerhalb der Bundesregierung besprochen. Zur Durchsetzung eines nachhaltigen Waffenstillstandes und der Erfüllung des Minsker Abkommens sieht Kurz keine Alternative.

Kurz trifft auch Kritiker Putins

Auch bezüglich des Bürgerkriegslandes Syrien wollte der ÖVP-Politiker die EU-Position im Kreml vertreten. Er habe sich vorab mit Kanzlerin Angela Merkel abgesprochen. „Russland hat hier eine Verantwortung, dass das Blutvergießen beendet wird“, sagte Kurz. Die EU habe eine klare Erwartungshaltung, die er im Namen der europäischen Partner einfordern wolle.

Der Bundeskanzler traf abseits des offiziellen Programms auch Vertreter der russischen Zivilgesellschaft in der österreichischen Botschaft. Den russischen Organisatoren habe man das kommunziert, hieß es. „Ich halte nicht nur in Österreich Kontakt mit der Zivilgesellschaft, sondern auch im Ausland“, erklärte Kurz. Unter den Gesprächspartnern waren Lew Gudkow vom unabhängigen Umfrageinstitut Lewada-Zentrum, die Menschenrechtlerin Irina Scherbakowa von der Organisation Memorial und Roman Udot von der Wahlbeobachter-NGO Golos.

(som/Reuters/AFP)

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