SPD sagt Ja zur GroKo: "Endlich ist die Hängepartie vorbei"

Kevin Kühnert
Kevin Kühnertimago/ZUMA Press/Sachelle Babbar
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Die CDU ist erleichtert, die Wirtschaft und die Grünen sind es auch. Der SPD-Parteinachwuchs zeigt sich dagegen enttäuscht.

CDU-Chefin Angela Merkel hat sich erleichtert über die unerwartet deutliche Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer neuen Großen Koalition gezeigt. "Ich gratuliere der SPD zu diesem klaren Ergebnis und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes", twitterte die CDU im Namen Merkels am Sonntag.

Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner reagierte erfreut auf das Ja der SPD-Basis zur Neuauflage der Großen Koalition. "Es ist gut, dass nun Klarheit bei der SPD herrscht und sie sich Monate nach der Bundestagswahl für das Eintreten in eine neue Regierung entschlossen hat", erklärte Klöckner am Sonntag in Berlin. "Das ist in dieser Situation das einzig Richtige und Verantwortungsvolle."

Deutschland und Europa warteten auf eine stabile Regierung. "In Zeiten der schnellen Veränderungen, auch auf europäischer Ebene, ist Verlässlichkeit gefragt", erklärte Klöckner.

"Ist eine gute Entscheidung für Deutschland", twitterte schon zuvor CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie freue sich über die breite Zustimmung in der SPD, schrieb Kramp-Karrenbauer weiter.

Auch in Brüssel regierte Erleichterung. "Glückwunsch an meine SPD-Freunde für ihre verantwortungsvolle und entscheidende Abstimmung", schrieb Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Deutschland sei jetzt bereit, sich für ein "stärkeres Europa" einzusetzen, fügte der Franzose hinzu.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sieht in dem SPD-Votum die Chance, neuen Schwung in die Euro-Zone zu bringen. Er habe dazu am Morgen mit dem kommissarischen SPD-Chef Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Peter Altmaier telefoniert, twittert Le Maire. "Sind entschlossen, eng zusammenzuarbeiten."

Auch Deutsche Wirtschaftsverbände haben das Votum der SPD-Mitglieder für die Neuauflage der Großen Koalition begrüßt. "Endlich haben wir Gewissheit, dass noch vor Ostern eine neue entscheidungs- und handlungsfähige Regierung das Ruder übernimmt", erklärte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer.

"Hängepartei hat endlich ein Ende"

Für die Wirtschaft, die Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten sei von entscheidender Bedeutung, "dass die Hängepartie der vergangenen Monate endlich ein Ende hat", betonte Wollseifer. Für die deutschen Unternehmen sei es "gut, dass die Regierungsbildung jetzt zu einem Abschluss kommt", erklärte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer. Dies dürfe aber nicht den Blick darauf verstellen, dass der Koalitionsvertrag trotz einiger guter Ansätze den deutschen Unternehmen zusätzliche Belastungen zumute, fügte Schweitzer hinzu.

"Gespaltene SPD und lustlose Union" koalieren

"Eine gespaltene SPD und eine lustlose Union" kehren auf die Regierungsbank zurück, erklärten dagegen die Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger am Sonntag in Berlin. "Mit Horst Seehofer, Jens Spahn und Olaf Scholz bleiben Rechtsruck, Pflegenotstand und Schwarze Null Regierungsprogramm", hieß es in der Erklärung weiter.

FDP-Chef Christian Lindner konzentriert sich umgehend auf die Oppositionsrolle seiner Partei. "Wir freuen uns auf smarte Oppositionsarbeit", schrieb Lindner.

Das Ergebnis des Mitgliedervotums der Sozialdemokraten kommentierte er: "Respekt - es wäre auch ein Rätsel gewesen, wenn die SPD sich einem Koalitionsvertrag mit 70 Prozent eigenem Inhalt verweigert hätte."

Grünen-Chefin Annalena Baerbock meint: "Gut, dass die politische Hängepartie endlich vorbei ist. GroKo'-Leerstellen wie bei Klima, Pflege, Kinderarmut müssen aus dem Parlament heraus gefüllt werden." Die Grünen würden "dafür alles geben", twitterte Baerbock.

Der Juso-Vorsitzende und entschiedene Gegner einer neuen Großen Koalition, Kevin Kühnert, hat sich enttäuscht über den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids gezeigt. "Sind angetreten, um zu gewinnen. Daher erstmal: Enttäuschung", schrieb er am Sonntag auf Twitter. "Kritik an Groko bleibt." Der Chef des SPD-Nachwuchses hatte das NoGroKo-Lager angeführt.

Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat sich dagegen erleichtert über die Zustimmung der Parteibasis zur Großen Koalition geäußert. "Ich bin froh über das Ergebnis", sagte Schulz am Samstag der "Süddeutschen Zeitung". "Es kann Deutschland und Europa nach vorne bringen und die SPD stärken."

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