Gary Cohn ist ein Gegner der Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium. Nun zieht er die Reißleine. Sein Rücktritt reiht sich in eine bereits lange Liste von Abgängen aus Trumps Regierungsteam ein.
Inmitten der Debatte über US-Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium verlässt der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Gary Cohn, das Weiße Haus. Es sei ihm eine Ehre gewesen, seinem Land zu dienen, und er sei Präsident Trump dankbar für diese Möglichkeit, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme Cohns.
Trump wiederum dankte Cohn für seine Arbeit. Er bezeichnete ihn in einer schriftlichen Erklärung als "seltenes Talent". Cohn habe einen "ausgezeichneten Job" dabei geleistet, die Agenda der Regierung voranzubringen.
Der Präsident verwies auf die Rolle, die Cohn bei der Durchsetzung der im Dezember vom Kongress verabschiedeten Steuerreform gespielt hatte. Trump kündigte noch am Abend auf Twitter an, er werde bald eine Entscheidung über die Nachfolge treffen. "Viele Menschen wollen den Job - ich werde eine weise Entscheidung treffen."
Harter Streit mit Handelsminister Ross
Cohns Rücktritt kommt alles andere als überraschend. Über seinen Abgang war in Washington seit Tagen spekuliert worden, nachdem Trump am Donnerstag die Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium angekündigt hatte. Die Ankündigung hat Ängste vor einem Handelskrieg ausgelöst.
Um die Zölle hatte sich Cohn laut Medienberichten einen harten Streit mit Handelsminister Wilbur Ross und einem anderen Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Peter Navarro, geliefert. Die Nachrichtenagentur "Bloomberg" berichtete, Trump habe Cohn am Dienstag bei einem Treffen im Oval Office gefragt, ob er seine Pläne für die Zölle unterstützen werde. Cohn habe ihm diese Zusicherung nicht gegeben, berichtete die Agentur unter Berufung auf zwei mit der Sache vertraute Personen.
Cohns Rücktritt reiht sich in eine bereits lange Liste von Abgängen aus Trumps Regierungsteam ein. Knapp eine Woche zuvor hatte die Kommunikationsdirektorin im Weißen Haus, Hope Hicks, ihren Rücktritt erklärt. Im Februar war der Stabssekretär im Weißen Haus, Rob Porter, ausgeschieden.
Letzter Befürworter des Freihandels in Kabinett
Die jetzige Demission des Wirtschaftsberaters konterkariert Trumps Beteuerung, dass im Weißen Haus alles geordnet zugehe. Noch am Dienstag (Ortszeit) hatte er die Berichte über Chaos in der Regierungszentrale als "Falschnachrichten" bezeichnet. "Leute werden immer kommen und gehen" schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Statt "Chaos" gebe es im Weißen Haus "große Energie".
Unter Trumps Parteikollegen im Kongress dürfte Cohns Rücktritt die Sorgen um den handelspolitischen Kurs des Präsidenten weiter verstärken. Viele republikanische Parlamentarier lehnen die Strafzölle ab. Der Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, appellierte am Dienstag an den Präsidenten, einen "schlaueren" Plan zum Schutz der heimischen Stahl- und Aluminiumproduzenten vorzulegen.
In Cohn verliert Trump einen der letzten Befürworter von Freihandel und Globalisierung in seinem direkten Beraterstab. Dies könnte auch Auswirkungen auf die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen NAFTA mit den Nachbarn Mexiko und Kanada haben. Ohne Cohn dürfte sich Trumps Politik weiter verhärten. Cohns Abgang ist für das Lager der sogenannten Globalisten im Weißen Haus, zu denen auch das Paar Ivanka Trump und Jared Kushner gerechnet wird, eine schwere Niederlage.
EU-Kommission berät über Gegenmaßnahmen
Die EU-Kommission berät am Mittwoch über mögliche Gegenmaßnahmen auf Zölle. Im Gespräch sind etwa Revanche-Zölle auf Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird die Überlegungen der Brüsseler Behörde präsentieren.
Es wird nicht damit gerechnet, dass die EU-Kommission konkrete Entscheidungen trifft, solange die US-Maßnahmen noch nicht in trockenen Tüchern sind. Erwartet wird eine Grundsatzerklärung.
Der Koordinator der deutschen Regierung für transatlantische Zusammenarbeit Jürgen Hardt warnte davor, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Trumps Ankündigung von Strafzöllen sollte mit Verfahren der Welthandelsorganisation, Überzeugungsarbeit und der Suche nach Partnern begegnet werden, sagte Hardt am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Er habe Hoffnung, dass Trumps Pläne abgeschwächt oder modifiziert werden könnten, sagte Hardt Stunden vor Cohns Rücktritt.
(APA/dpa)