Polens Präsident vergleicht EU-Mitgliedschaft mit Besatzung

Polens Präsident Duda
Polens Präsident Duda
  • Drucken

Andrzej Duda zog in seiner Rede zum 100. Unabhängigkeitstag Parallelen zwischen der Union und der Besatzung Polens zwischen 1795 und 1918.

Der polnische Präsident Andrzej Duda hat die Mitgliedschaft seines Landes in der Europäischen Union kritisiert und Parallelen zur 123-jährigen Besatzung Polens durch Russland, Österreich und Preußen zwischen 1795 und 1918 gezogen.

Laut Medienberichten hatte Duda am Dienstag in einer Rede in Kamienna Gora in Niederschlesien erklärt, "irgendwo in der Ferne, in entfernten Hauptstädten wird über unsere Angelegenheiten entschieden (...), und in Wirklichkeit arbeiten wir für die Rechnung anderer".

In seiner Rede zum Gedenken an Polens Unabhängigkeit vor hundert Jahren sagte Duda außerdem, einige Menschen fänden die EU wichtiger als Polen. Auch damals - bevor Polen 1918 seine staatliche Souveränität wiedererlangte - hätten Leute die Auffassung gehabt: "Vielleicht ist es besser. Es wird keinen Streit mehr geben, keine Aufstände, keine Erhebungen, keine Kriege, keine Abenteuer, keine Konföderationen. Endlich wird es Frieden geben."

Schwieriges Verhältnis zu Brüssel

Doch dann hätten diese Leute "schnell begriffen, dass Kriege und Abenteuer weitergingen" und die Polen keinerlei Einfluss mehr hätten und über ihre Köpfe hinweg entschieden werde. Heute sei Polen "souverän und unabhängig". Er glaube daran, dass es ein Staat sein werde, in dem es sich "immer besser" leben lasse.

Duda ist aus der rechtsnationalen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hervorgegangen, die Polen seit ihrem Wahlsieg im Oktober 2015 regiert. Die Beziehungen zur Europäischen Union sind gespannt.

Die EU-Kommission wirft Warschau insbesondere vor, mit umstrittenen Maßnahmen die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden. Die polnische Regierung weist das zurück. Im Dezember beantragte die Kommission ein bisher beispielloses Strafverfahren gegen Polen, das bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann.

Polen gehört der EU seit 2004 und dem NATO-Militärbündnis seit 1999 an. Es ist mit etwa zehn Milliarden Euro jährlich abzüglich seines Beitrags zum EU-Haushalt größter Nettoempfänger der Europäischen Union.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Polens Regierung sieht sich als Hüterin des britischen Erbes in EU

"Wir könnten den Platz Großbritanniens einnehmen, was die politischen Schwerpunkte betrifft", sagte Polens Außenminister Jacek Czaputowicz. Einer weiteren Kompetenzverlagerung nach Brüssel erteilt er eine Absage.
Warschau sieht sich in der EU zunehmend isoliert. Jetzt wird auch noch die justizielle Zusammenarbeit aufgekündigt.
Europa

Polen ist nicht vertrauenswürdig

Ein irisches Gericht verweigert die Auslieferung eines Verdächtigen und verweist auf die mangelnde Unabhängigkeit der polnischen Justiz. Warschau droht die rechtliche Isolation.
Kommentar

Der Weg nach Warschau führt über Luxemburg

Die Causa Polen landet beim EuGH. Endlich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.