Slowenien: Die Stunde des Politiker-Imitators

Marjan ?arec tritt mit eigener Liste an.
Marjan ?arec tritt mit eigener Liste an.(c) REUTERS (SRDJAN ZIVULOVIC)
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Premier Miro Cerar erklärte überraschend seinen Rücktritt. Bei der Wahl rechnet sich nun Marjan ?arec gute Chancen aus. Er hat früher Politiker nachgeahmt.

Ljubljana. Ausgerechnet der Kapitän verlässt als erster Sloweniens schlingerndes Regierungsschiff. Selbst die Koalitionspartner von Regierungschef Miro Cerar waren perplex, als der Jurist am späten Mittwochabend ebenso pathetisch wie überraschend seinen Rücktritt ankündigte. „Die Kräfte der Vergangenheit erlauben uns nicht, für die zukünftigen Generationen zu arbeiten“, begründete der 54-jährige Chef der nach ihm benannten SMC den „lieben Mitbürgern“ seinen Abgang kurz vor Ende der Legislaturperiode.
Der Premier habe die Partner vorab weder informiert noch konsultiert, zeigte sich Dejan ?idan, der Chef der sozialdemokratischen SD, überrumpelt. Er sei über Cerars Schritt „nicht überrascht“, versichert hingegen der konservative Oppositionschef Janez Janša (SDS), der dahinter eine düstere Verschwörung wittert: Die „interessierten Kreise“, die Cerar 2014 als „neues Gesicht“ in die Politik gehievt hätten, wollten mit einer Verkürzung der Legislaturperiode „so viel Chaos wie möglich verursachen“, um eine „erfolgreiche Rechtsregierung zu verhindern“.
In seiner Ägide habe Slowenien das Krisental verlassen und weise eine der höchsten Wachstumsraten der EU auf, pries Cerar seine Verdienste. Sicher scheint, dass der selbst ernannte Staatserneuerer mit seiner Demission selbst bei gewogenen Anhängern kaum Verständnis finden dürfte.
Ändern wird sich vorerst wenig. Bis auf Weiteres will Cerar geschäftsführend im Amt bleiben, der Wahltermin könnte allenfalls von Juni auf Mai vorgezogen werden. Der Zeitpunkt des Rücktritts scheint ebenso unsinnig wie der Anlass nichtig: Der Oberste Gerichtshof hat die Regierung für schuldig befunden, ein im September abgehaltenes Referendum über eine Eisenbahntrasse mit der Finanzierung der Befürworterkampagne widerrechtlich beeinflusst zu haben – und dessen Wiederholung angeordnet.
Nun war das Milliardenprojekt zur besseren Anbindung von Sloweniens Meereshafen Koper zwar einer der Trümpfe, mit der die SMC in die Wahl ziehen wollte. Doch Cerars Entrüstung über das Urteil, dass das Projekt keineswegs endgültig gestoppt hat, wirkt völlig überzogen. Ob er nun aus gekränkter Juristenehre, Amtsverdruss oder möglicherweise wahltaktischen Gründen beleidigt ist: Seine Chancen auf eine Wiederwahl waren zuletzt kräftig geschwunden.

Janša wittert Verschwörung

Neuer Star auf Sloweniens Politparkett ist der frühere Politiker-Imitator Marjan ?arec: Wie bei den Parlamentswahlen 2011 und 2014 könnte sich die Wahlliste des heutigen Bürgermeisters der Kleinstadt Kamnik, eines Parteineulings beim Urnengang, auf Anhieb zur stärksten politischen Kraft mausern.
Da auch dieser bei einem Wahlerfolg auf eine Mitte-links-Koalition setzen will, sieht der sektiererische Janša wieder einmal dunkle Mächte zur Verhinderung seiner Rückkehr auf die Regierungsbank am Werk: Die einstigen Cerar-Wähler sollten ?arec in die Arme getrieben werden, um eine „neue Marionettenregierung“ zu installieren.

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