Slowakei: Präsident ernennt Regierung im zweiten Anlauf

Archivbild. Präsident Kiska und designierter Ministerpräsident Pellegrini werden sich doch noch einigermaßen einig über die neue slowakische Regierung.
Archivbild. Präsident Kiska und designierter Ministerpräsident Pellegrini werden sich doch noch einigermaßen einig über die neue slowakische Regierung.APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK
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Präsident Kiska akzeptiert die zweite Ministerliste des designierten Ministerpräsidenten Pellegrini trotz Unmutsbekundung. Er wolle die Grenzen der Verfassung aber nicht ausreizen.

Der slowakische Staatspräsident Andrej Kiska wird die zweite Kabinettsliste des designierten Ministerpräsidenten Peter Pellegrini akzeptieren und den neuen Premier wie auch sein Kabinett am Donnerstag auf die Posten ernennen. Das gab der Staatschef am Mittwoch vor Journalisten in Bratislava bekannt.

"Diese Regierung wird das Kabinett von Robert Fico ersetzen, der unter Druck der Öffentlichkeit und der zusammenhängenden Regierungskrise letzte Woche seinen Rücktritt eingereicht hat", erklärte Kiska. Mit der Zusammensetzung der neuen Regierung sei er nicht völlig einverstanden, aber als Staatspräsident werde er nicht die Grenzen der Verfassung und der verfassungsrechtlichen Gewohnheiten des Landes übertreten.

"Die Slowakei ist eine parlamentarische Demokratie und eine Mehrheit der Parlamentsabgeordneten hat der Regierung von Pellegrini die Unterstützung zugesichert. Kein anderer Politiker hat mich über die Existenz einer anderen Mehrheit informiert", betonte Kiska.

Kiska mahnt neue Minister

Die neue Regierung wird um das Vertrauen der slowakischen Öffentlichkeit kämpfen müssen, sagte der Präsident weiter. "In der gegenwärtig angespannten Stimmung wird dies eine sehr schwere Aufgabe sein", meinte Kiska. Er hoffe, jeder einzelne künftige Minister ist sich dieser Verantwortung voll bewusst. Als Präsident wolle er dafür sorgen, dass "sie diese Verantwortung für keinen Moment vergessen können".

Der designierte Ministerpräsident der Slowakei Peter Pellegrini hatte dem Staatspräsidenten am Mittwoch eine neue Liste nominierter Minister seiner künftigen Regierung vorgelegt. Einen ersten Vorschlag hatte der Staatschef wegen Bedenken über die beabsichtigte Besetzung des Innenministeriums am Vortag abgelehnt.

Pellegrini hatte dem Präsidenten zuvor auch Unterschriften von 79 Parlamentariern vorgelegt, die sein Kabinett im Parlament unterstützen wollen. Notwendig sind 76 der insgesamt 150 Stimmen. Der slowakische Parlamentspräsident Andrej Danko hatte im Vorfeld versichert, er werde die Sitzung des slowakischen Nationalrats, auf dem sich die neue Regierung der Vertrauensfrage stellen muss, am Tag nach der offiziellen Ernennung einberufen.

Welche Macht hat der Präsident?

Die Ablehnung der ersten Ministerliste durch Kiska hatte in der Slowakei Bedenken über Verfassungskonformität hervorgerufen. Mehrere Verfassungsexperten kritisierten, Kiska bewege sich über den Verfassungsrahmen hinaus. "Das Kabinett braucht für die Ausübung seiner Kompetenzen nicht das Vertrauen des Präsidenten, sondern des Parlaments", meinte Verfassungsrechtler Eduard Barany gegenüber der Tageszeitung Pravda.

Mit der Regierungsumbildung versucht die derzeitige Koalition der Sozialdemokratischen Smer, der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei und der Ungarnpartei Most-Hid, Neuwahlen im Land zu verhindern. Diese werden von Teilen der Öffentlichkeit, Opposition und Medien als einziger Ausweg aus der tiefen politischen Krise nach dem Mord am Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten gefordert. Kuciak hatte über Verbindungen von Personen, die der italienischen Mafia nahe stehen sollen, zu höchsten Kreisen des slowakischen Regierungsamtes geschrieben.

Studenten slowakischer Hochschulen und Universitäten kündigten am Mittwoch einen Protestmarsch an, mit dem sie ihre Unzufriedenheit mit der aktuellen politischen Situation im Land äußern wollen. Der Studentenmarsch wird sich den für Freitag angesetzten Protesten unter dem Motto "Für eine anständige Slowakei" anschließen. Die Teilnehmer wollen ungeachtet der aktuellen politischen Entwicklung weiterhin gründliche Aufklärung des Mordes unter Beteiligung ausländischer Ermittler sowie Neuwahlen fordern. Auch am dritten Protest innerhalb kürzester Zeit wollten sich erneut Tausende Slowaken beteiligen.

(APA)

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