Zweitpass: Rom über Südtirol-Treffen erzürnt

 Angelino Alfano ist über das Treffen in Wien erzürnt.
Angelino Alfano ist über das Treffen in Wien erzürnt.imago/ITAR-TASS
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Am Freitag tagt eine Arbeitsgruppe zu heiklen Frage der Doppelstaatsbürgerschaft. Bozener Abgeordnete kommen nach Wien – Italien sagte brüskiert ab.

Wien/Rom/Bozen. Zwischen Rom und Wien herrscht dicke Luft: Verärgert blickt Italiens Regierung auf ein Treffen in Wien, bei dem am Freitag die Doppelstaatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler diskutiert werden soll. Außenministerin Karin Kneissl und Innenminister Herbert Kickl hatten dazu mehrere Bozener Abgeordnete nach Wien gebeten. Eine schriftliche Einladung ging Anfang März auch an den italienischen Botschafter.

Der sonst eher zurückhaltende italienische Außenminister, Angelino Alfano, reagiert ungewöhnlich scharf auf die Einladung: Er sagte erzürnt ab. „Der Dialog über Südtirol kann nur zwischen Rom und Wien – und nicht auf gleichberechtigter Basis mit Südtirol erfolgen, das eine autonome Provinz der italienischen Republik ist“, machte er deutlich.

Italien fühlt sich von Österreich vor den Kopf gestoßen. Erst im Jänner hatten Alfano und Kneissl in Rom vereinbart, die Doppelpass-Frage bilateral mit Einbindung Bozens zu klären – und nicht durch unilaterale Schritte aus Österreich. In Rom wurde man aber von dieser Arbeitsgruppe vorab nicht informiert. Als Affront wurde zudem empfunden, dass die Einladung zu einem extrem heiklen Zeitpunkt einlangte – rund um die italienische Parlamentswahl Anfang März. Für weiteren Unmut sorgte die Tatsache, dass bei der Arbeitsgruppe kein Simultanübersetzer vorgesehen ist.

SVP-Chef reist nach Wien

Im Wiener Außenministerium versucht man zu kalmieren. Karin Kneissl werde „selbstverständlich die italienische Regierung über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe informieren“, sagte ihre Sprecherin zur „Presse“. Das Treffen finde „im Sinne des Trilogs zwischen Wien, Rom und Bozen statt. Italien war ja eingeladen, sie haben abgesagt.“

In italienischen Medien kursieren Gerüchte, dass die Südtiroler Volkspartei (SVP) um eine Verschiebung des Treffens gebeten – Kneissl aber auf den Termin bestanden habe. Davon wisse man in Wien nichts. So oder so ist die SVP in der Frage gespalten: Grundsätzlich hat man nichts gegen Zweitpässe. Zweifel gibt es aber an der praktischen Umsetzbarkeit. Die Partei fürchtet auch, die Debatte könnte vor der Landtagswahl im Herbst eskalieren – und den rechtspopulistischen Parteien in die Hände spielen. Landeshauptmann Arno Kompatscher wollte sich am Mittwoch nicht zu dem Treffen äußern. Nach Wien reisen wird ohnehin der SVP-Chef, Philipp Achammer.

Sven Knoll von der Partei Süd-Tiroler Freiheit ist hingegen einer der lautesten Proponenten für einen Zweitpass. Seine Partei hat zwei Gesetzesentwürfe vorbereitet: Sämtliche Bewohner Südtirols, die sich als Angehörige der deutschen oder ladinischen Sprachgruppe gemeldet haben, sollen den österreichischen Pass erhalten. „Sonderrechte soll es aber nicht geben“, sagt er zur „Presse“. Von der Wehrpflicht sollten sie im Zweifelsfall nicht befreit werden. Hans Heiss von den Grünen wird ebenfalls nach Wien reisen, ist aber strikt gegen Zeitpässe. „Das bringt niemandem etwas.“ Damit dürfte er beim Treffen allein sein: Die italienischsprachigen Landesparteien haben großteils abgesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2018)

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