Deutschland: Zahl der abzuschiebenden Menschen fast verdoppelt

Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist derzeit in Afghanistan zu Besuch - im Bild mit Präsident Aschraf Ghani.
Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist derzeit in Afghanistan zu Besuch - im Bild mit Präsident Aschraf Ghani.APA/AFP/POOL/MICHAEL KAPPELER
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Das Innenministerium kritisiert die mangelnde Kooperation der Herkunftsländern und setzt auf Visa-Erleichterungen. Kritik gibt es an einem Abschiebeflug nach Afghanistan.

In Deutschland steigt die Zahl von abgelehnten Asylbewerbern und Migranten ohne Aufenthaltsrecht, die nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können. Die Zahl der geduldeten abschiebepflichtigen Menschen stieg zwischen Ende 2016 und Ende 2017 von rund 38.000 auf fast 65.000, wie ein Sprecher des Innenministeriums am Montag in Berlin bestätigte.

Dies liege unter anderem an der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. Auch würden Dokumente fehlen, oder die Betroffenen versuchten, sich den Verfahren durch Ortswechsel zu entziehen, sagte der Sprecher.

Bei den Verhandlungen mit den Herkunftsländern sah der Ministeriumssprecher noch "deutliches Verbesserungspotenzial". Es sei wichtig, alle Möglichkeiten im bilateralen Verhältnis zu nutzen, um die völkerrechtliche Pflicht eines Staates, die eigenen Bürger zurückzunehmen, auch durchzusetzen.

Als Erfolgsbeispiel nannte der Sprecher den sogenannten "Visahebel", den die vergangene Bundesregierung auf europäischer Ebene verhandelt habe. Hiermit könne eine Visaliberalisierung zurückgenommen werden, wenn es vermehrt zu Asylmissbrauch komme.

Pilotprojekt Bangladesch

Der Visahebel geht auf eine Initiative des früheren Innenministers Thomas de Maiziere zurück. Er verstärkt über die EU-Visapolitik den Druck auf Drittstaaten, damit diese abgelehnte Migranten zurücknehmen, und wurde in einem Pilotprojekt erstmals bei Bangladesch eingesetzt.

Laut dem Bericht der Funke Mediengruppe waren unter den Abschiebepflichtigen fast 5800 Menschen aus Indien. Knapp 5000 Betroffene kamen aus Pakistan, jeweils fast 4000 aus Afghanistan und Russland. Bei fast 3800 Menschen ist die Staatsangehörigkeit für die Behörden "ungeklärt", dies könnten Kurden oder Palästinenser sein.

Linke fordert humanitäre Bleiberechtsperspektive

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke forderte in dem Zusammenhang eine humanitäre Bleiberechtsperspektive für geduldete Flüchtlinge. "Statt über Verschärfungen der Abschiebungsregelungen müssen wir endlich über effektive Bleiberechtsregelungen für Geduldete diskutieren", erklärte Jelpke in Berlin. Es sei nicht nur menschlicher, sondern gesamtgesellschaftlich sinnvoller, "die hier lebenden Geflüchteten schnell zu integrieren und in Arbeit zu bringen".

Derweil kritisierte Pro Asyl einen offenbar für Montag geplanten weiteren Abschiebeflug nach Afghanistan heftig. Obwohl die Situation in Afghanistan immer weiter eskaliere, würden die Abschiebungen fortgesetzt, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Frankfurt am Main. Der Flug sollte demnach vom Flughafen Leipzig-Halle aus starten. Das Verhalten der Bundesregierung nannte Pro Asyl "vollkommen absurd". Die Lage in Afghanistan sei derart dramatisch, dass der Militäreinsatz der Bundeswehr aufgestockt werde. Gleichzeitig werde weiter ins Krisengebiet abgeschoben.

(APA/AFP)

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