Die Zeitung „Magyar Nemzet“ erhebt schwere Vorwürfe. Eine Spur führt nach Wien.
Wien/Budapest. Ein neuer Enthüllungsbericht ist am Montag in die Endphase des ungarischen Wahlkampfs geplatzt. In Österreichs Nachbarland könnten Milliarden an EU-Geldern veruntreut worden sein. Das schreibt die Zeitung „Magyar Nemzet“. Demnach soll ein ungarischer Staatsbürger, der derzeit in einem Zeugenschutzprogramm des FBI sei, die Regierung in Budapest schwer belasten. Der Mann soll selbst Teil eines Netzwerks gewesen sein, das in den vergangenen Jahren drei bis vier Milliarden Euro an EU-Geldern auf arabische und asiatische Bankkonten verschoben habe. Ein Teil des Geldes soll dann später über arabische Investitionen in Luxushotels oder Burgen zurückgeflossen sein.
Geld in leeren Wohnungen
Konkret soll das Geld in bar von ungarischen Banken behoben und dann entweder in Form von Diamanten außer Landes oder über das klandestine „Hawala“-System gebracht worden sein. Eine Spur führt dabei nach Wien: Dort sollen Kuriere große Bargeldsummen – im Bericht ist von fünf bis sechs Millionen Euro die Rede – auftragsgemäß in leeren Wohnungen hinterlegt haben.
Eine Stellungnahme von Regierungsseite oder eine Bestätigung des FBI gab es zunächst nicht.
„Magyar Nemzet“ hat in den vergangenen Wochen immer wieder mit Enthüllungsberichten für Aufsehen gesorgt. Das konservative Blatt zählt zum Imperium von Lajos Simicska, also von jenem ungarischen Oligarchen, der lang ein Tandem mit Premier Viktor Orbán gebildet hat, nach einem Zerwürfnis aber zu dessen Intimfeind wurde. Zuletzt berichtete „Magyar Nemzet“ auch über eine Luxusrentierjagd von Vizepremier Zsolt Semjén und über ein millionenschweres Offshore-Konto von Staatssekretär Zsolt Szabó auf Belize. Mit weiteren Enthüllungen ist vor der Wahl am 8. April zu rechnen. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2018)