Madrid zürnt Berlin wegen Puigdemont

Justizministerin Katarina Barley.
Justizministerin Katarina Barley.(c) APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ (TOBIAS SCHWARZ)
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Spaniens Regierung ist wegen der Enthaftung „verwirrt“. Deutsche Justizministerin unter Beschuss.

Madrid/Berlin. Nach der Freilassung des im März in Umsetzung eines europäischen Haftbefehls in Deutschland verhafteten katalanischen Separatistenchefs Carles Puigdemont durchs Oberlandesgericht Schleswig-Holstein ist Spanien verärgert. In der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy herrsche „Verwirrung und Ärger“, schrieb am Sonntag die Zeitung „El País“. Spaniens Justiz drohte, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, dass er prüfe, ob die Enthaftung dem EU-Auslieferungsrecht entspreche.

Das deutsche Gericht hatte den spanischen Hauptvorwurf der „Rebellion“ fallengelassen, da dieser Tatbestand mit deutschem Recht unvereinbar sei. Nur wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Steuergeld sei eine Überstellung möglich, aber da bestehe noch Klärungsbedarf. Puigdemont (55) wurde gegen Kaution enthaftet, darf aber Deutschland bis zum Endbeschluss nicht verlassen.

Ein Sprecher von Rajoys Volkspartei, Esteban González Pons, sagte, das Schengener Abkommen sei „sinnlos, wenn der europäische Haftbefehl nicht funktioniert“. Außenminister Alfonso Dastis griff die deutsche Justizministerin, Katarina Barley, wegen „unglücklicher Äußerungen“ an. Sie hatte im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ den Gerichtsbeschluss begrüßt; Madrid müsse nun noch begründen, wieso Puigdemont der Untreue schuldig sei, dann könne man ihn ausliefern.

Rechtslage missverstanden?

Seitens Spaniens Generalstaatsanwaltschaft hieß es, Barley verstehe wohl die Rechtslage nicht: Deutsche Richter hätten nur zu prüfen, ob Spaniens Vorwürfe in Deutschland grundsätzlich zu einem Straftatbestand passten, könnten aber nicht vorweg in der Sache selbst urteilen. Barleys Äußerungen seien auch eine Einmischung in Spaniens Justiz und verletzten die Gewaltenteilung. Das Justizministerium in Berlin dementierte Barleys Äußerung später. (rs/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2018)

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