Unmittelbar nach dem Wahlsieg Viktor Orbáns bricht das Medienreich dessen Gegners Lajos Simicska auseinander. Die Zeitung "Magyar Nemzet" sei nicht mehr profitabel.
Ein von zwei großen nationalen Tageszeitungen, die noch als Orbán-kritisch eingestuft werden können, sperrt zu. Die vor 80 Jahren gegründete "Magyar Nemzet" sei finanziell nicht mehr tragbar, sagte der Herausgeber. Angesichts der sich stets verschlechternden Lage der Medienfreiheit nach dem Wahlsieg von Premierminister Viktor Orbán ein weiterer Rückschlag für die Opposition.
Das Ende von "Magyar Nemzet" gehört dem 80-jährigen Unternehmer Lajos Simicska. Der bis 2015 regierungstreue Unternehmer erklärte Orbán damals "den totalen Krieg" und warf dem Fidesz-Chef vor, er wolle die unabhängigen Medien beseitigen. Dagegen würde er, Simicska, ankämpfen. Damit brachte der Medienunternehmer seine bis dahin regierungstreuen Medien auf regierungskritischen Kurs. Die Mediengruppe Simicska war einst profitabel, was sich schlagartig änderte, als sie in Folge des Seitenwechsels keine Inserate der Regierung mehr bekam.
"Wegen der finanziellen Probleme von Magyar Nemzet haben die Besitzter entschieden, die Mediencontent-Produktion ab 11. April 2018 einzuestellen. Daher werden Magyar Nemzet und die Online-Version mno.hu zusperren", hieß es auf der Webseite des Unternehmens.
Kurz nach Orbán-Wiederwahl
Der Zeitpunkt der Bekanntgabe, zwei Tage nach dem klaren Sieg von Fidesz inklusive Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, lässt die Zeitungsschließung in einem politischen Licht erschienen. "Simicska widmete das letzte Jahr der Rache (an Orbán, Anm.) und sein Medien-Portfolio war ein Mittel dafür", sagte Politik-Analyst Tamas Boros der Nachrichtenagentur Reuters. "Jetzt, wo er sieht Orbán erneut mit Zwei-Drittel-Mehrheit ausgestattet sieht, war es das nicht mehr wert", glaubt Boros. "Er sieht die Ergebnisse, erwartet Rache der Regierung und shcließt seine unprofitablen Medien-Organisationen."
Auch "Lanchid Radio" wird Dienstag um Mitternacht geschlossen, die Mediengruppe versucht außerdem andere Medien zu verkaufen. Der Fernsehsender Hir-TV soll zunächst nicht geschlossen werden, jedoch vor einer "Rationalisierung" stehen. Auch das Schicksal der Wochenzeitung "Heti Valasz" ist laut Klubradio ungewiss. Simicska, oft auch als "Medienzar" bezeichnet, forderte die Redaktion auf, sich nach einem neuen Investor umzusehen, dem er das Blatt verkaufen würde. Ansonsten würde dessen Betrieb eingestellt.
Der von Kritikern als autoritär beschriebene Orbán steht nun vor seiner vierten Amtszeit und der dritten in Folge. Nach seinem erneuten Wahlsieg zeichnen sich schlechte Zeiten für unabhängige Organisationen ab, die Flüchtlingen helfen. Ein Gesetzespaket, das sie in die Illegalität drängt, könnte bereits im Mai vom neuen Parlament beschlossen werden, sagte Fidesz-Fraktionssprecher Janos Halasz am Montag im staatlichen Fernsehen. Dies sei "eine Frage der Souveränität, der nationalen Sicherheit des Landes", fügte er hinzu.
Laut Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben bei den Wahlen ungleiche Bedingungen für die Bewerber vorgeherrscht. Der Wahlsieger habe durch sein übergroßes Mediengewicht deutlich mehr Wahlkampf machen können, teilte die Organisation am Montag mit. Die Geschehnisse am Wahltag seien verhältnismäßig geordnet verlaufen, müssten aber trotzdem noch weiter untersucht werden.
Orbán schaffte es in den letzten Jahren über Wirtschafts-Konstrukte und Mittelsmänner die Macht über viele Regionalmedien des Landes zu erringen. Die landesweiten Zeitungen, die der Opposition zugerechnet werden, werden immer weniger. Die Affäre um die Mediaworks-Veräußerung sorgte im Herbst 2016 für internationale Empörung: Das Verlagshaus schloss nämlich im Vorfeld des Verkaufs am 8. Oktober 2016 ohne Vorankündigung die größte oppositionelle Tageszeitung des Landes, "Nepszabadsag", und setzte die gesamte Redaktion vor die Tür.
(Reuters)