Mit Hausdurchsuchungen beim Anwalt des Präsidenten schlägt das FBI ein neues Kapitel auf. Dass Trump die Affäre mit Stormy Daniels zum Verhängnis wird, ist aber unwahrscheinlich.
New York. Die Mitarbeiter Michael Cohens staunten nicht schlecht, als Dutzende FBI-Agenten im Büro des Anwalts im 23. Stock des Rockefeller Center in Manhattan auftauchten und Dokumente, Telefone, Computerdaten mitnahmen. Hausdurchsuchungen bei Anwälten werden nur sehr selten genehmigt, und wenn es sich bei dem Rechtsvertreter dazu um die Vertrauensperson des Präsidenten handelt, ist für Unruhe garantiert.
Cohen ist jener Anwalt, der unmittelbar vor der Wahl 2016 Schweigegeld in Höhe von 130.000 Dollar an Stormy Daniels bezahlt haben soll. Der Pornostar behauptet, im Jahr 2006 Sex mit dem damaligen Immobilientycoon Donald Trump gehabt zu haben, während dessen Ehefrau, Melania, schwanger war. Eine derartige Enthüllung direkt vor der Wahl hätte sich nicht gut gemacht. Also griff Cohen in die Tasche, damit die Sache diskret behandelt wurde. Der Anwalt sagt, er handelte auf eigene Faust und ohne Wissen des nunmehrigen US-Präsidenten. Eine moralische Bewertung der Affäre mag schnell und eindeutig ausfallen. Juristisch ist die Sache so verzwickt und kompliziert, dass ernsthafte Folgen für die Präsidentschaft von Trump unwahrscheinlich sind. Wirklich ernst könnte es für Trump nur werden, wenn sich herausstellen sollte, dass er persönlich von der Zahlung wusste und so den Wählern womöglich bewusst wahlentscheidende Informationen vorenthielt. Dafür gibt es bisher keine Beweise.
„Hexenjagd“
Cohen wiederum steht mit dem Rücken zur Wand, politisch brisant ist die Angelegenheit allemal. Die Hausdurchsuchung wurde von Russland-Sonderermittler Robert Mueller in die Wege geleitet und höchstwahrscheinlich von mehreren hohen Stellen genehmigt – unter anderem von Rod Rosenstein, dem Vizejustizminister. Mueller, Rosenstein sowie Justizminister Jeff Sessions sind Trump ein Dorn im Auge. Nach Bekanntwerden der Hausdurchsuchungen sprach der Präsident von einer „Hexenjagd“ und einem „Angriff auf alles, wofür wir stehen“.
Wieder einmal steht die Frage im Raum, ob der Präsident es wagt, entweder Mueller oder Sessions zu feuern. Ein politischer Aufruhr auf demokratischer wie republikanischer Seite vor der Kongresswahl im November wäre sicher. Trump bezeichnete das Team um Mueller schon mehrmals als „die voreingenommenste Gruppe an Leuten“. Viele Berater hätten ihm bereits empfohlen, den Sonderermittler aus dem Amt zu jagen. „Wir werden sehen, was nun passiert“, gab sich Trump geheimnisvoll.
Im Kern geht es bei den Vorwürfen gegen Cohen um illegale Wahlkampffinanzierung. Politische Spenden müssen in den USA deklariert werden, und wenn der Pornostar 130.000 Dollar erhalten hat, um Trumps Chancen auf einen Wahlsieg nicht zu gefährden, dann zählt das als Spende. Cohen bestreitet die Vorwürfe, die Zahlung sei schlicht zum Schutz der Privatsphäre Trumps geschehen und der Zeitpunkt unmittelbar vor der Wahl zufällig gewesen. Findet das FBI in den beschlagnahmten Dokumenten Beweise für das Gegenteil, droht dem Juristen eine Verurteilung.
Peinlich ist die Sache für Trump auf jeden Fall, auch wenn die Bezahlung für das Stillhalten einer Affäre in den USA nicht ungewöhnlich ist. Manche Hollywoodstars lassen ihre Sexpartner mittlerweile vor dem Akt ein Papier unterschreiben, das zur Geheimhaltung verpflichtet. Aus juristischer Sicht kommen indes immer öfter Vergleiche mit den Affären des früheren Präsidenten Bill Clinton sowie des Ex-Senators John Edwards auf.
Die Edwards-Affäre
Der Vergleich mit Clinton, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde, hinkt freilich. Die Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky fand während der Amtszeit statt, es gab ein bestehendes Machtverhältnis, und der frühere Präsident log unter Eid. Geeigneter ist ein Blick auf John Edwards: Der Demokrat kandidierte 2008 für die Vorwahlen und unterhielt zugleich eine Affäre, während seine Ehefrau an Krebs litt. Edwards Geliebte wurde schwanger. Mehrere reiche Wahlkampfspender ließen ihr Geld zukommen, die Geliebte schwieg im Gegenzug.
Edwards wurde schließlich unter anderem wegen Inkaufnahme illegaler Wahlfinanzierung angeklagt, letztlich aber niemals verurteilt. Seine politische Karriere jedoch war zu Ende.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2018)