Ex-FBI-Chef: Trump "moralisch ungeeignet, Präsident zu sein"

Der ehemalige FBI-Chef James Comey hat Donald Trump in einem Interview aufs Schärfste angegriffen.
Der ehemalige FBI-Chef James Comey hat Donald Trump in einem Interview aufs Schärfste angegriffen.APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
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Am Dienstag erscheint ein Buch, in dem James Comey mit dem US-Präsidenten abrechnet. Schon im Vorfeld fährt er schwere Geschütze auf: Es sei möglich, dass die Justiz behindert habe.

Der im Mai von Donald Trump gefeuerte FBI-Chef James Comey hat in einem Fernsehinterview aufs Schärfste mit dem US-Präsidenten abgerechnet. Trump sei "moralisch ungeeignet", Präsident zu sein, sagte der 57-Jährige dem Sender ABC News in einem am Sonntagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Gespräch.

Seiner Ansicht nach könnte Russland im Besitz von kompromittierendem Material über Trump sein. Er hält es auch für möglich, dass der US-Präsident die Justiz behindert hat. Es gebe dafür "sicherlich einige Hinweise", erklärte Comey.

Eine Person, die Frauen wie "Fleischstücke" behandle und so über sie spreche, die ständig lüge und darauf bestehe, dass das amerikanische Volk daran glaube, sei aus moralischen Gründen nicht geeignet, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein, sagte Comey. "Die Wahrheit, die Rechtsstaatlichkeit und Integrität" seien Dinge, die vor allen politischen Auseinandersetzungen stehen sollten, wie etwa der Debatte um strengere Waffengesetze.

Der Ex-FBI Chef sagte auch, dass er es für möglich halte, dass Trump die Justiz behindert habe. Es gebe sicherlich Hinweise darauf. Er verwies aber darauf, dass er in dem Fall nicht der Ermittler oder Staatsanwalt sei, sondern nur ein Zeuge. In der Interviewpassage ging es um ein Gespräch zwischen dem Präsidenten und dem damaligen FBI-Chef im Februar 2017. Bei diesem äußerte Trump nach Comeys Darstellung den Wunsch, dass die Ermittlungen des FBI gegen den damaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn eingestellt werden. Trump bestreitet das. Manche Beobachter sehen darin einen Versuch der Justizbehinderung.

Trump setzt sich vor Buch-Veröffentlichung zur Wehr

In dem Interview sprach Comey auch über ein Dossier über Trumps mutmaßlichen Verbindungen zu Russland. Er habe von Anfang an die Quelle des Geheimpapiers, den ehemaligen Geheimagenten Christopher Steele, für glaubwürdig gehalten. Das Dossier enthält brisante Details über einen angeblichen Vorfall mit Trump und Prostituierten in Moskau im Jahr 2013. Comey hatte in einem persönlichen Gespräch den US-Präsidenten über die Möglichkeit informiert, dass Russland Trump dabei gefilmt haben könnte und die Aufnahme dazu nutzen könnte, um ihn zu erpressen. Der Ex-FBI-Chef sagte in dem Interview, er halte es für möglich, dass die Russen im Besitz von Material sind, das Trump gefährlich werden könnte. Er hielte es selbst für unglaublich und er habe es immer für unwahrscheinlich gehalten.

2013 ernannte der damalige Präsident Barack Obama Comey zum Direktor der Bundespolizei. Dessen Nachfolger Donald Trump feuerte Comey im Mai 2017 und brachte das später mit den Russland-Ermittlungen des FBI in Zusammenhang. Das Interview war Comeys erstes Mediengespräch vor der Veröffentlichung seines Buches "A Higher Loyalty: Truth, Lies and Leadership" (deutscher Titel: "Größer als das Amt: Auf der Suche nach der Wahrheit - der Ex-FBI-Direktor klagt an"). Das Werk soll am Dienstag erscheinen.

Auszüge aus dem Buch, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden, zeichnen ein verheerendes Porträt des Präsidenten als notorischen Lügner und unmoralische Führungsperson. Seit Tagen attackieren sich die beiden öffentlich. Trump hatte ihn zuletzt auf Twitter als "schlechtesten FBI-Direktor der Geschichte" und "Informant und Lügner" bezeichnet. Er forderte, dass Comey wegen der Verbreitung geheimer Informationen strafrechtlich verfolgt werden sollte.

Amerikaner sollen Trump abwählen

Als Folge der Entlassung Comeys war Robert Mueller als Sonderermittler eingesetzt worden. Dieser untersucht seither, ob Russland sich in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt hat und ob das Trump-Lager darin verwickelt war. Comey ist einer seiner wichtigsten Zeugen. Die Untersuchung setzt Trump seither schwer zu.

"Ich glaube nicht an diese Geschichten, wonach er mental inkompetent oder in einer frühen Phase der Demenz ist", sagte Comey auf ABC. "Ich denke nicht, dass er aus medizinischer Sicht ungeeignet ist. Ich denke, dass er moralisch ungeeignet ist, Präsident zu sein." Und weiter: "Unser Präsident muss Respekt verkörpern und für die Werte stehen, die unser Land ausmachen. Das Wichtigste ist die Wahrheit. Dieser Präsident ist nicht in der Lage, das zu tun." Trotz allem solle der Kongress aber Trump nicht des Amts entheben, sagte Comey. Das würde die US-Bevölkerung "vom Haken" lassen. "Die Menschen in diesem Land müssen aufstehen, in die Wahllokale gehen und für ihre Werte stimmen."

Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte dem Sender NBC in Reaktion auf das Interview, seines Wissens nach sei Comey ein integrer Mann. Er kenne ihn aber nicht so gut. Die Vorsitzende des nationalen Organisationskomitees der Republikanischen Partei, Ronna McDaniel, sagte, Comeys ABC-Interview belege, dass er nur sich selbst gegenüber loyal sei. Er sei unglaubwürdig und Trump habe ihn zurecht gefeuert.

Comey sagte ABC News, er mache sich Sorgen, dass Trump durch Russland erpressbar sei. Er verwies auf Behauptungen, wonach Trump 2013 in einem Moskauer Hotel dabei gewesen sei, als Prostituierte aufeinander uriniert hätten. Es sei möglich, dass Russland über Belege verfüge, die diese Behauptungen stützten. Er wisse es aber nicht. Trump habe ihm gesagt, er sei in dem Hotel nicht über Nacht geblieben und die Angaben in Bezug auf die Prostituierten seien nicht wahr.

(APA/dpa/AFP)

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