Außenamt löst Südtirol-Eklat aus

Der Gesetzestext war nicht mit dem Kanzleramt abgestimmt worden.
Der Gesetzestext war nicht mit dem Kanzleramt abgestimmt worden.(c) Imago
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Verwirrung um neues Gesetz. Wien wollte österreichische Konsulate für deutschsprachige Südtiroler öffnen – löschte später aber den Entwurf von der Website des Parlaments. Italien hatte protestiert.

Wien/Rom. Wegen Südtirol herrscht erneut dicke Luft zwischen Wien und Rom. Nach den geplanten Doppelstaatsbürgerschaften sorgt nun ein anderes Vorhaben der österreichischen Regierung für Empörung in Italien: Laut einer Klausel des neuen Konsulargesetzes sollten deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler die Möglichkeit haben, das österreichische Konsulat im Ausland zu wählen.

„Diese Klausel ist absolut nicht im Einklang mit der Kooperation, die zwischen europäischen Ländern bestehen sollte“, sagte Italiens Außenminister, Angelino Alfano. Er habe den italienischen Botschafter beauftragt, bei der Regierung in Wien offiziellen Protest gegen die Pläne einzureichen. In Rom fühlte man sich wieder einmal vor den Kopf gestoßen – wie schon mehrmals in den vergangenen Monaten, wenn es um die autonome Provinz ging. Wie „Die Presse“ erfuhr, wurde Italien von Wien über die Pläne vorab gar nicht informiert, sondern „entdeckte“ den Gesetzestext auf der Website des Parlaments. Dabei hatten Außenministerin Karin Kneissl und ihr italienischer Kollege, Alfano, erst im Jänner vereinbart, die heiklen Südtirol-Fragen bilateral im Dialog – mit Einbindung Bozens – zu lösen.

Ein „übereifriger Mitarbeiter“

Vielleicht war es also der Zorn der Italiener, der die österreichische Regierung zu einem großen Schritt zurück bewog: Donnerstagvormittag verschwand plötzlich der Begutachtungsentwurf des Konsulargesetzes von der Parlamentsseite. Gelöscht wurde der Text vom Außenministerium, wie dessen Sprecher Thomas Schnöll bestätigte. „Beim Gesetzesentwurf handelt es sich um einen noch unfertigen Entwurf, der irrtümlich an das Parlament übermittelt worden ist und folglich wieder von der Parlamentswebsite entfernt wurde.“ Wie das geschehen sei, konnte Außenamts-Sprecher Matthias Forenbacher auf Anfrage der „Presse“ nicht beantworten. Es habe sich um einen „übereifrigen Mitarbeiter“ gehandelt.

Offensichtlich war der Gesetzestext nicht mit dem Kanzleramt abgestimmt worden. Denn aus dem Büro von Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) hieß es: „Derzeit laufen noch Gespräche mit dem Koalitionspartner, was eine mögliche Unterstützung für Südtiroler in konsularischen Fragen betrifft. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Entwurf bald zur Begutachtung bringen können.“ Auch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wusste nichts von den Plänen.

Wie es mit dem Vorhaben weitergeht, ist unklar. In Rom interpretierte man die Löschung des Textes jedenfalls als kompletten Rückzug: Alfano „begrüßte“ den Schritt und betonte, „dass der Gesetzesprozess de facto blockiert sei“. So oder so bleibt nur bis 1. Mai Zeit: Bis dahin muss Wien eine EU-Richtlinie umsetzen, die einheitliche Standards bezüglich des konsularischen Schutzes von EU-Bürgern vorsieht. Demnach können sich diese an konsularische Vertretungen eines anderen Mitgliedstaates wenden, wenn das eigene Heimatland in diesem Staat keine diplomatische Vertretung hat.

Verstoßen die Pläne gegen EU-Gesetze?

Der ursprüngliche Vorschlag aus Wien sah jedoch zusätzlich vor, dass sich deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler auch an österreichische Konsulate wenden können, wenn es in dem Land auch italienische Vertretungen gibt. Genau dieser Punkt verstößt laut der italienischen Regierung gegen EU-Recht. Dass Österreich sich auf seine Schutzfunktion für Südtirol berufe, sei keine ausreichende rechtliche Basis. Zudem seien italienischsprachige Südtiroler von dem Vorhaben ausgenommen – das sei eine Diskriminierung und verstoße gegen EU-Grundrechte.

Walter Obwexer, Völkerrechtsexperte an der Universität Innsbruck, schätzt die rechtliche Lage anders ein: „Die Sonderstellung der Südtiroler in konsularischen Fragen lässt sich aus der Schutzfunktion ableiten“, sagt er. Das Land biete ein zusätzliches Service an, das nicht zulasten Italiens gehe. „Rechtlich wäre das Vorhaben also gedeckt. Die einzige Frage ist, ob Österreich die Regierung in Rom vorab informieren sollte.“ Das sei aber eher ein diplomatisches als ein juristisches Problem.

AUF EINEN BLICK

Konsularschutz. Das Außenministerium provozierte die italienische Regierung mit einem Gesetzesentwurf: Demnach sollten Südtiroler in allen Fällen österreichische Botschaften aufsuchen können. Am Donnerstag zog Österreich den Entwurf zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2018)

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Der Entwurf sei irrtümlich an das Parlament übermittelt worden, sagt das Außenministerium. Es löscht das Papier von seiner Homepage. Eine Klausel darin sah vor, dass Südtiroler sich im Ausland immer auch an österreichische Konsulate wenden können.
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