Italien vor Neuwahlen: Staatspräsident will neutrale Regierung

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Die dritte Gesprächsrunde zur Regierungsbildung in Italien ist gescheitert. Präsident Mattarella drängt nun auf eine parteipolitisch unabhängige Regierung - die bis zu einer etwaigen Neuwahl im Winter bleiben könnte.

Auch die dritte Konsultationsrunde zur Regierungsbildung in Italien unter der Leitung von Präsident Sergio Mattarella ist am Montag ergebnislos zu Ende gegangen. Es gebe keine Aussicht auf die Bildung einer politischen Regierung, sagte das Staatsoberhaupt nach den Gesprächen mit allen stärksten im Parlament vertretenen Parteien.

Als mögliche Lösung für die Pattsituation nannte Mattarella die Bildung einer parteiunabhängigen Expertenregierung, die bis Dezember im Amt bleiben und danach den Weg zu Neuwahlen ebnen könnte. Sollte sich in der Zwischenzeit eine Regierungsmehrheit unter den im Parlament vertretenen Parteien bilden, würde das parteiunabhängige Kabinett zurücktreten, um einer politischen Regierung den Weg freimachen, meinte Mattarella.

Neuwahl im Sommer äußerste Lösung

Die Alternative zur Expertenregierung seien laut dem Staatsoberhaupt Wahlen im Juli, obwohl er diese erst als äußerste Lösung anstrebt. Italien habe noch nie im Hochsommer gewählt. Eine Möglichkeit seien Wahlen im Herbst. Doch damit seien Probleme verbunden, da das Parlament vor Jahresende den Budgetentwurf verabschieden müsse.

Mattarella meinte, Italien brauche dringend eine funktionsfähige Regierung, die das Land in Europa bei entscheidenden Verhandlungen zu heiklen Themen wie Einwanderung und Haushalt repräsentiere. Der Präsident meinte, die Regierung von Paolo Gentiloni könne nicht mehr länger geschäftsführend im Amt bleiben. Eine Minderheitsregierung aus der Mitte-Rechts-Allianz um Ex-Premier Silvio Berlusconi, die als stärkste Koalition bei den Parlamentswahlen am 4. März abgeschnitten hatte, betrachtet Mattarella nicht als Lösung. Der Präsident wartet jetzt auf Signale seitens der Parteien über die weitere Vorgehensweise. Er rief die Gruppierungen zu Verantwortung gegenüber dem Land auf.

Stärkste Kräfte drängen auf Neuwahlen

Die Fünf-Sterne-Bewegung war aus der Parlamentswahl mit 32 Prozent als größte Einzelpartei hervorgegangen, verfügt aber nicht über genügend Sitze für eine Regierungsbildung. Stärkste Kraft wurde das von Lega und Forza Italia angeführte Mitte-Rechts-Bündnis mit 36 Prozent. Doch auch ihm fehlt die ausreichende Mehrheit. Sowohl die Fünf-Sterne-Bewegung als auch das Mitte-Rechts-Bündnis lehnen eine neutrale Regierung ab. Sie drängen beide auf Neuwahlen im Juli.

Die Sozialdemokraten erklärten sich dagegen bereit, eine neutrale Regierung aktiv zu fördern. "Wir teilen Mattarellas Appell zu Verantwortung und hoffen, dass sich alle politischen Kräfte danach richten werden. Die PD-Partei wird eine neutrale Regierung unterstützen", kommentierte der interimistische PD-Chef Maurizio Martina.

(APA/dpa)

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