USA ziehen sich aus Iran-Abkommen zurück

Donald Trump erklärte in Washington wie er künftig mir dem Iran umzugehen gedenken vermag.
Donald Trump erklärte in Washington wie er künftig mir dem Iran umzugehen gedenken vermag.REUTERS
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US-Präsident Donald Trump macht seine Drohung wahr. Die USA steigen aus dem Atom-Abkommen aus. Sanktionen gegen den Iran würden unmittelbar in Kraft treten. Die nukleare Bedrohung sei zu groß.

Es geht um die Zukunft des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Und diese sieht düster aus. US-Präsident Donald Trump machte am Dienstag in Washington klar, er könne den Deal nicht bestehen lassen. Nur so könne das atomare Wettrüsten im Mittleren Osten beendet werden. Der Iran sei Unterstützer von Terroristen und habe gelogen, was die Weiterentwicklung von Atomwaffen angehe, dafür gebe es Beweise. Die Internationale Atomenergie-Behörde IAEO hat dies allerdings stets verneint. Die USA werden sich aus dem Abkommen zurückziehen und scharfe Sanktionen sofort in Wirkung setzen. Jede Nation, die dem Iran dabei helfen, an Atomwaffen zu gelangen, könne ebenfalls von Sanktionen getroffen werden.

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Es sei klar, dass die USA eine iranische Atombombe unter dem gegenwärtigen Abkommen nicht verhindern könnten. Er sei aber bereit, willens und in der Lage, ein neues Abkommen mit dem Iran auszuhandeln. Gegen Ende wandte sich Trump direkt an die Bürger des Irans um seinen guten Willen für ihre Sicherheit auszudrücken, bevor er eine entsprechende Erklärung unterschrieb und in die Kamera hielt, die "Amerika sicherer" mache, wie er auf Nachfrage einer Journalistin betonte.

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat die Entscheidung seines Amtsnachfolgers Donald Trump scharf kritisiert. "Ich glaube, dass die Entscheidung, das Atomabkommen zu riskieren, ohne dass es einen iranischen Verstoß gegen den Deal gibt, ein ernster Fehler ist", erklärte Obama in einer Stellungnahme. "Ohne das Atomabkommen könnten die Vereinigten Staaten vor die negative Entscheidung gestellt werden, ob sie einen atomar aufgerüsteten Iran akzeptieren wollen oder einen weiteren Krieg im Nahen Osten."

Pompeo reist nach Nordkorea

US-Außenminister Mike Pompeo hat auch nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran den Willen zur internationalen Zusammenarbeit seines Landes betont. "Wir werden mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten, um eine echte, umfassende und anhaltende Lösung für die Bedrohung aus dem Iran zu finden", heißt es in einer Stellungnahme Pompeos, die am Dienstag in Washington verbreitet wurde.

Der Chefdiplomat befand sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg nach Nordkorea. "Wir haben ein gemeinsames Interesse mit unseren Verbündeten in Europa und in der ganzen Welt, den Iran davon abzuhalten, jemals eine Atomwaffe zu entwickeln", heißt es in der Stellungnahme weiter. Ferner gehe es darum, die Unterstützung des Terrors, die Entwicklung ballistischer Raketen und die Destabilisierung der Region durch den Iran zu verhindern. Währenddessen werden die Sanktionen ihre volle Wirkung entfalten, wird Pompeo zitiert.

Iran will Abkommen verpflichtet bleiben

Der iranische Präsident Hassan Rohani hatte seine Landsleute auf einen Ausstieg der USA vorbereitet und reagierte scharf auf die Entscheidung Trumps. Diese untergrabe internationale Verträge. Präsident Hassan Rouhani nannte die Entscheidung Trumps eine "historische Erfahrung" für sein Land. Die USA hätten nie ihre Verpflichtungen erfüllt, sagt Rouhani im Staatsfernsehen.

Auch nach dem Ausstieg der USA will Teheran an der Vereinbarung festhalten. Das versicherte der iranische Präsident Hassan Rouhani in seiner Fernsehansprache.

"Wir haben statt eines Abkommens mit sechs Staaten nun eines mit fünf", sagte Rouhani. "Wir lassen nicht zu, dass Trump diesen psychologischen Krieg gewinnt." In den nächsten Wochen würden iranische Diplomaten mit den anderen fünf Verhandlungspartnern das weitere Verfahren besprechen, sagte der Präsident.

Israel öffnet Raketenbunker auf Golanhöhen

Regierungschef Benjamin Netanjahu nannte die Entscheidung Trumps "mutig und richtig". Im Rahmen der Vereinbarung wäre es für Teheran möglich, ein ganzes Arsenal nuklearer Waffen zu produzieren, sagte Netanjahu am Dienstag. Netanjahu forderte die Weltgemeinschaft dazu, ebenfalls aus dem Atomabkommen auszusteigen, neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen und "die iranische Aggression in unserer Region zu stoppen, vor allem in Syrien". Israel sei fest entschlossen, eine dauerhafte militärische Präsenz des Irans in Syrien zu verhindern, sagte Netanjahu. "Wir werden in aller Härte auf jeden Versuch reagieren, uns anzugreifen."

Die israelische Armee hat die Behörden auf den besetzten Golanhöhen unterdessen angewiesen, die dortigen Raketenbunker zu öffnen und in Bereitschaft zu versetzen. Die Anweisungen seien eine Folge von "irregulären Aktivitäten der iranischen Kräfte in Syrien", erklärte die israelische Armee am Dienstag kurz vor Trumps Rede. Die Sicherheitsanweisungen für Zivilisten auf den Golanhöhen seien angepasst worden. >> Syrische Staatsagentur: Zwei israelische Raketen abgeschossen

EU will an Abkommen festhalten

Die Europäische Union will trotz der Entscheidung der USA für einen Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran an dem Deal festhalten. "So lange sich Iran an seine nuklearen Verpflichtungen hält - was er bisher tut - wird die EU der vollen Umsetzung des Abkommens verpflichtet bleiben", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstagabend in Rom.

"Wir vertrauen voll auf die Kompetenz und Unabhängigkeit der Internationalen Atomenergiebehörde, die zehn Berichte veröffentlicht hat, in denen Iran die volle Einhaltung der Verpflichtungen bescheinigt wird." Sie werde nun in den kommenden Stunden und Tagen mit allen Partnern die Auswirkungen der Entscheidung untersuchen, sagte sie.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien bedauerten die US-Entscheidung. Das teilte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstagabend auf Twitter mit. Das internationale Regime zur Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen stehe auf dem Spiel.

Der französische Staatschef erklärte: "Wir werden kollektiv an einem breiteren Rahmen arbeiten." Dieser solle die nukleare Aktivität, die Zeit nach 2025, das Raketenprogramm und die Stabilität im Mittleren Osten abdecken, "insbesondere in Syrien, im Jemen und im Irak". Macron hatte bereits bei seinem US-Besuch im vergangenen Monat ein solches Gesamtkonzept für den Umgang mit dem Iran ins Gespräch gebracht.

Kneissl: Wiener Atomabkommen funktioniert

Als Reaktion auf Trumps Entscheidung erinnert Außenministern Karin Kneissl (FPÖ) an den Erfolg des Deals. Es sei "ein Musterbeispiel dafür, dass Rüstungskontrolle mit diplomatischen Mitteln funktioniert", so Kneissl in einer Stellungnahme.

Die Verpflichtungen des Abkommens würden laut Internationaler Atomenergie-Behörde IAEA (IAEO) eingehalten, und das Außenministerium habe "keinen Grund an der Richtigkeit der Aussagen der IAEA zu zweifeln". Die Entscheidung des US-Präsidenten und die möglichen Konsequenzen müssen nun "einer genauen Analyse" unterzogen werden.

Wirtschaftssanktionen waren noch in Kraft

Nach Abschluss des Abkommens, das die USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland gemeinsam mit dem Iran ausverhandelten, hatten die USA unter Präsident Barack Obama ihre Wirtschaftssanktionen gegen den Iran nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt.

Der Iran verpflichtete sich gemäß des Deals im Gegenzug zum Verzicht auf die Sanktionen weitgehend die Anreicherung von Uran zu unterlassen, so dass die Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial ausgeschlossen ist. Die Regelung gilt zunächst bis 2025, einige Teile, darunter verschärfte Kontrollen internationaler Beobachter reichen bis ins Jahr 2040. Das Atomabkommen gilt als eines der wichtigsten, wenngleich auch als eines der umstrittensten internationalen Abkommen.

Transatlantische Gegensätze

Die US-Regierung von Trump und ihre europäischen Partner haben eine komplett unterschiedliche Sicht auf das Abkommen. Während etwa Deutschland und Frankreich unbedingt an der Regelung festhalten wollen, bezeichneten Trump, sein Außenminister Mike Pompeo sowie der Nationale Sicherheitsberater John Bolton das Abkommen stets als einen schlechten Deal. Die Kontrollmechanismen seien zu lax, die Laufzeit zu kurz und viele vom Iran verursachte Probleme würden gar nicht behandelt. Gemeint sind damit das iranische Raketenprogramm sowie die Ambitionen des Iran und seiner schiitischen Verbündeten in der spannungsgeladenen Nahost-Region.

Regionale US-Verbündete, allen voran Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sehen ähnliche Probleme. Netanjahu wirft dem Iran vor, weiterhin den Bau von Atomwaffen zu betreiben. Die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA/IAEO) sieht dafür allerdings keine Belege.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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