Nach Platzen des Atomdeals: Was macht nun der Iran?

Irans Präsident Hassan Rouhani.
Irans Präsident Hassan Rouhani.(c) AFP
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Der Iran will nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen grundsätzlich an dem Deal festhalten - aber unter Bedingungen. Anderenfalls werde das Land sein Atomprogramm und die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat sich "zutiefst besorgt" gezeigt über den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran. Das Abkommen sei eine "wesentliche Errungenschaft" beim Versuch, die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen, teilte Guterres nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump am Dienstag mit. Der Deal habe zu Frieden und Sicherheit in der Region sowie in anderen Teilen der Welt beigetragen. Andere Partner des Abkommens rief Guterres auf, sich weiter an gemachte Vereinbarungen zu halten.

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Die Türkei hat indes die Sorge geäußert, dass die Entscheidung von Trump zu "neuen Konflikten" führen werde. "Der einseitige Rückzug der USA aus dem Atomabkommen ist eine Entscheidung, die Instabilität und neue Konflikte schaffen wird", erklärte der Präsidentensprecher Ibrahim Kalin am Dienstagabend. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief unterdessen dazu auf, eine "umfassende politische Lösung" für den Umgang mit dem Iran zu suchen. Es müsse nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen darum gehen, den Iran weiter von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten, sagte NATO-Sprecherin Oana Lungescu am Dienstagabend in Brüssel.

Iran will an Deal festhalten - unter Bedingungen

Der Iran will nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen vorerst an dem Deal festhalten, macht die endgültige Entscheidung darüber jedoch von den anderen Vertragspartnern abhängig. Außenminister Mohamed Jawad Zarif schrieb am Mittwoch auf seiner Twitter-Seite, er werde demnächst auf Anweisung von Präsident Hassan Rohani eine Pendeldiplomatie starten. Danach werde der Iran sich dann endgültig entscheiden, ob er weiterhin im Abkommen bleiben werde.

Bei den Verhandlungen mit dem EU-Trio Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie China und Russland gehe es in erster Linie um die vertragsgerechte Umsetzung des Deals. Es müsse versichert werden, dass der Iran voll und ganz von den wirtschaftlichen Vorteilen des Abkommens profitieren könne, teilte Zarif mit. Wie lange diese Verhandlungen dauern werden, sagte er nicht.

Rohani hatte bereits am Dienstagabend angekündigt, dass der Iran zunächst die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump mit den anderen Verhandlungspartnern diskutieren wolle. Aus dem Sextett sei ein Quintett geworden. Nun müsse man "in den nächsten Wochen" sehen, wie es ohne die USA mit dem Deal weitergehen könne. Falls auch die Verhandlungen mit dem restlichen Quintett scheitern sollten, werde der Iran sein Atomprogramm und die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen, warnte Rouhani. Dies sei mit der iranischen Atomorganisation auch bereits koordiniert worden.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani wertet den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen als Verstoß gegen die Vereinbarung. Die USA würden dadurch isoliert, sagt er laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens vom Mittwoch. Trumps Abkehr von dem Atom-Deal sei "eine diplomatische Show". Frieden und Sicherheit seien bedroht. Der Iran sei angesichts der gegenwärtigen Lage nicht dazu verpflichtet, seine Zusagen einzuhalten. "Ich bin mir nicht sicher, ob die europäischen Unterzeichner des Abkommens ihre Versprechen erfüllen werden." Trump verstehe offensichtlich nur die Sprache der Gewalt.

Für EU-Länder gilt der Deal weiter

Berlin, Paris und London haben bereits an den Iran appelliert, sich trotz des Ausstiegs der USA weiter an das Atomabkommen zu halten. "Wir ermuntern den Iran, mit Augenmaß auf die US-Entscheidung zu reagieren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britischen Premierministerin Theresa May vom Dienstagabend.

Der Iran müsse seine eigenen Verpflichtungen aus dem Abkommen weiterhin erfüllen und zeitnah den Inspektionsanforderungen der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO entsprechen. Die drei Länder wollen an dem Abkommen festhalten. "Wir sehen uns weiterhin verpflichtet, uns für den Erhalt des Abkommens einzusetzen, und werden mit allen verbliebenen Parteien darauf hinwirken, dass das Abkommen bewahrt wird", hieß es in der Erklärung.

"Dies schließt den Erhalt von wirtschaftlichen Vorteilen für das iranische Volk ein, die mit dem Abkommen verknüpft sind." Was das für die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Iran und den europäischen Firmen bedeutet, wurde nicht erläutert. Zuvor hatte der neue US-Botschafter Richard Grenell erklärt, die deutschen Unternehmen müssten ihre Geschäfte mit dem Iran sofort runterfahren.

Iran-Deal aus dem Jahr 2015

Der Iran hatte sich 2015 verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Nuklearprogramms drastisch zu beschränken. Trump kündigte an, die damals ausgesetzten Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft treten zu lassen. Diese treffen auch europäische und andere ausländischen Firmen, die Geschäfte mit dem Iran machen.

(APA)

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