Das also soll der "Soros-Plan" sein

US-Milliardär George Soros war nicht nur in Ungarn Thema in der Politik.
US-Milliardär George Soros war nicht nur in Ungarn Thema in der Politik.APA/AFP/ATTILA KISBENEDEK
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Ungarns Außenminister schickte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den sogenannten "Soros-Plan" - eine Sammlung von sechs Zitaten auf einem A4-Blatt. Der Brief liegt der "Presse" vor.

"Die wichtigsten Punkte des Soros-Plans - mit Quellen" - Die ungarische Regierung von Premier Viktor Orbán bleibt in der Offensive gegen US-Milliardär George Soros und versucht per Brief (siehe Faksimile unten) auch den österreichischen Bundespräsidenten davon zu überzeugen, dass es den so genannten "Soros-Plan" tatsächlich gibt. So langte ein Schreiben in der Kanzlei von Alexander Van der Bellen ein, das der "Presse" vorliegt. Auf einer A4-Seite zitiert das ungarische Außenministerium aus Artikeln, die der Milliardär als Gastkommentator teils selbst verfasst hat oder in denen seine Aussagen wiedergegeben werden.

Ungarn schickte dem österreichischen Präsidenten den Brief deshalb, da Van der Bellen jüngst behauptet hat, dass der ungarischstämmige US-Milliardär George Soros nichts mit einer Einwanderungswelle nach Europa zu tun habe. In dem Brief von Außenminister Péter Szijjártó wird betont, dass der "Soros-Plan" in den vergangenen Wochen auch in Österreich in den Mittelpunkt politischer Debatten gerückt sei - vor allem nach einem Interview von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus gegenüber der "Presse" [premium]. Deswegen wolle der ungarische Minister Bundespräsident Van der Bellen "hiermit den Soros-Plan zusenden".

Soros-Pläne als EU-Pläne verkauft

In Ungarn wurden die Ansichten von Soros in kruden Propagandakampagnen als tatsächliche EU-Migrationspolitik dargestellt. Gleich drei der Zitate aus dem Schreiben stammen aus dem selben Gastkommentar von Soros aus September 2015, als Soros darstellte, wie die EU seiner Meinung nach mit den Flüchtlingsströmen umgehen sollte, wie er die Krise lösen würde. Damals erreichte die Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt. Im Beitrag für "Project Syndicate" unter dem Titel "Rebuilding the Asylum System" schrieb Soros, die EU müsse jährlich bis auf weiteres mit einer Million Asylsuchenden rechnen und diese auf die Mitgliedstaaten verteilen. Die EU hat niemals bekundet, eine solche Zahl an Flüchtlingen aufnehmen zu wollen.

Mit der Zuspitzung im vergangenen Parlamentswahlkampf hat Orbán einen großen Erfolg eingefahren und seine Macht ausbauen können: Wer keine Migranten will, stimmt für die Regierungspartei Fidesz. Wer am 8. April anders wählt, will Migranten. Die Anti-Soros-Kampagne, mit dem US-Milliardär als allgegenwärtigem Feindbild, war dermaßen erfolgreich, dass im Wahlkampf unter Regierungsanhängern mehr als 80 Prozent an die Existenz einer Soros-Partei im Parlamentswahlkampf glaubten.

Ungarn argumentiert damit, dass Soros persönlich das Wort "Plan" verwende. Doch der US-Staatsbürger hat stets von einem Plan in der Flüchtlingskrise gesprochen, etwa in seinem Beitrag "Here's my plan to solve the asylum chaos" von Ende September, der dieselben Punkte enthält wie der im Brief erwähnte Text.

Das ungarische Außenministerium beschreibt in seinem Brief an Van Der Bellen, dass aus Soros' Plan auch hervorgehe, dass er die nationalen Grenzen abschaffen wolle, und die EU mit einer bedeutenden Summe die Ansiedlung der Migranten fördern und die notwendigen Gelder von den Mitgliedsländern abziehen müsse. Auch bei den diesen Argumenten zugeschriebenen Zitaten handelt es sich um Aussagen aus 2015 und 2016 in direktem Einfluss der Flüchtlingskrise.

Bedauern über Van der Bellens Aussagen

In dem Schreiben habe der ungarische Außenminister Van der Bellen darüber informiert, dass der "Soros-Plan" in Ungarn große Diskussionen ausgelöst und die Bürger bei den Parlamentswahlen, die eine Wiederwahl der rechtskonservativen Partei von Premier Viktor Orban brachte, eindeutig für die Sicherheit des Landes, den Schutz seiner Souveränität und den Stopp der Migration gestimmt hätten. Laut Aussendung hatte Szijjarto bereits zuvor sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich der österreichische Bundespräsident auf die Seite von Soros und der Migranten gestellt habe.

Van der Bellen hatte kürzlich in einem "profil"-Interview Soros als Vertreter der Zivilgesellschaft und einen Philanthropen bezeichnet, der Millionen in Universitäten und demokratiefördernde NGOs stecke. Die Kritik an Soros, er würde "Migrantenströme nach Europa unterstützen", sei "völlig verfehlt". Die rechtskonservative ungarische Regierung unter Premier Viktor Orban fährt eine Kampagne gegen den Liberalen Soros. Orban vertritt das Modell einer so bezeichneten "illiberalen Demokratie". Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Gudenus hatte in der "Presse" erklärt, es gebe "stichhaltige Gerüchte", wonach Soros daran beteiligt sei, "Migrantenströme nach Europa zu unterstützen" [premium]. Van der Bellen nannte die Aussagen von Gudenus im "profil" "einfach lächerlich".

>>> Kommentar von George Soros vom 26.9.2015 auf "Project Syndicate"

(klepa/APA)

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