Macron: "Seien wir nicht schwach"

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Der französische Präsident ruft die Europäer anlässlich der Preisverleihung des Karlspreises zu Stärke auf. Auch Deutschlands Kanzlerin Merkel meint: Die USA werden Europa nicht mehr schützen.

Vor dem Hintergrund der Eskalation im Nahen Osten hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Europäer zu Stärke und Einigkeit aufgerufen. "Seien wir nicht schwach", sagte der 40-Jährige am Donnerstag in Aachen. Er bekam dort den Karlspreis für sein europäisches Engagement verliehen. Europa müsse eine eigene Souveränität aufbauen und dürfe seinen Kurs nicht von anderen Mächten bestimmen lassen.

Er sprach auch die unterschiedliche Haltung Europas und der USA im Hinblick auf das Atomabkommen mit dem Iran an: "Wir haben uns entschieden, Frieden und Stabilität im Nahen und Mittleren Osten zu schaffen." US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen sowie neue Sanktionen gegen den Iran angekündigt. Die EU will die Sanktionen aber ausgesetzt lassen. Sie versucht, die wirtschaftlichen Folgen der US-Sanktionen für den Iran zu begrenzen.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat angesichts der Entfremdung zwischen Europa und den USA einen engeren Zusammenhalt in der Europäischen Union angemahnt. "Es ist nicht so, dass die Vereinigten Staaten von Amerika uns einfach schützen werden", sagte Merkel bei der Preisverleihung in Aachen. Vielmehr müsse Europa "sein Schicksal selbst in die Hand nehmen". "Das ist die Aufgabe der Zukunft", sagte Merkel. Europas Stabilität hänge bei der Außen- und Sicherheitspolitik von der Fähigkeit ab, "gemeinsam zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen", sagte Merkel. Eine gemeinsame Haltung sei wichtig, weil die Art der Konflikte sich seit Ende des Kalten Krieges vollständig geändert habe. Viele fänden vor der Haustür Europas statt.

Merkel: "Du sprühst vor Begeisterung"

Zuvor hatte sie in einer Laudatio anlässlich der Preisverleihung Macrons Begeisterung, Einsatz und Courage gelobt. "Du sprühst vor Ideen und hast die europapolitische Debatte mit neuen Vorschlägen neu belebt." Die Auszeichnung solle nicht nur Bestätigung für den richtigen Weg sein, sondern auch Bestärkung und Ansporn, den Weg zuversichtlich weiterzugehen.

Der Preis würdigte nicht nur Macrons Vision von einem neuen Europa sondern auch seinen "leidenschaftlichen" Kampf gegen Nationalismus und Isolationismus. Macron sei der derzeit größte Impulsgeber des heutigen Europas, sagte Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU).

Die Auszeichnung solle Ermutigung sein, weiterhin als starke Stimme für ein neues Europa zu streiten. Nötig sei das Bekenntnis, gemeinsam mehr erreichen zu können. Die bisherigen Reaktionen auf das Reformkonzept Macrons für Europa seien aber enttäuschend, so Philipp.

Macron fordert ambitionierte EU-Reform

Die Forderung nach einer ambitionierten EU-Reform ist ein Kernanliegen von Emmanuel Macron. In einer Rede an der Pariser Sorbonne-Universität hat der französische Präsident im September 2017 seine Vorschläge zur "Neugründung eines souveränen, vereinten und demokratischen Europas" vorgelegt.

Macron will einen europäischen Finanzminister und ein Budget für die Eurozone, der auf längere Sicht auch mit Steuereinnahmen finanziert werden könnte. In der Verteidigungspolitik soll Europa mit einem speziellen Budget, einer Interventionstruppe und einer gemeinsamen Einsatzdoktrin schlagkräftiger werden.

Der 40 Jahre alte Staatschef fordert ein Europäisches Asylamt und eine neue Innovationsagentur, die die digitale Revolution vorantreibt. Die Sozial- und Steuersysteme sollen näher zusammenrücken, unter anderen schlägt Macron einen einheitlichen Mindestsatz für Unternehmensteuern vor. Deutschland und Frankreich sollen nach seinen Vorstellungen "Pioniergeist" beweisen und ihre Partnerschaft noch verstärken.

Karlspreis zu Aachen

Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird seit 1950 für besondere Verdienste um die europäische Einigung verliehen. Er geht auf eine Initiative Aachener Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kirche, Hochschule und Stadtverwaltung zurück. Traditionell wird die Auszeichnung zu Christi Himmelfahrt übergeben. Sie ist nach Karl dem Großen (747 o. 748-814) benannt, der Aachen zum Zentrum seines fränkischen Imperiums machte. Sein Reich erstreckte sich über einen Großteil Westeuropas. Der Frankenherrscher führte einheitliche Gesetze und Währung ein und wird oft als Vordenker des geeinten Europas verstanden. Der Preisträger 2017 war der britische Historiker Timothy Garton Ash. Zu den bisherigen Karlspreisträgern gehören auch Winston Churchill, Jean Monnet, Konrad Adenauer, Francois Mitterrand, Helmut Kohl, Vaclav Havel, Papst Johannes Paul II., König Juan Carlos I. von Spanien, Jacques Delors, Bill Clinton und Angela Merkel. Macron ist der 60. Preisträger.

(APA/AFP)

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