"Moslemische Antisemiten in Europa gefährlicher als Rechtsextreme"

Pinchas Goldschmidt (Archivbild)
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Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, warnt vor gefährlichen "Importen" aus dem islamischen Raum und konstatiert eine "Unsichtbarkeit Europas" in den Nahostkrisen und -Kriegen.

Zur Lösung der Nahostkrise und Beendigung der Kriege dort fehlt es nach Ansicht des russischen Oberrabbiners Pinchas Goldschmidt (54) an europäischen Initiativen: "Die Vereinigten Staaten haben im gesamten Nahen Osten ein Vakuum hinterlassen, und in dieses Vakuum ist Russland hineingestoßen", sagte der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER) laut Kathpress der deutschen Zeitung "Welt" (Dienstagsausgabe). "Von Europa ist überhaupt nichts zu sehen", fügte er hinzu.

Im Syrienkrieg hänge inzwischen jede Entscheidung mit Russland zusammen, so Goldschmidt. Russland sei zwar mit dem Iran alliiert, gleichzeitig pflege Präsident Wladimir Putin jedoch eine "sehr gute persönliche Beziehung" zu Israels Premier Benjamin Netanyahu.

"Russland wird versuchen, der Welt zu zeigen, dass es die Probleme im Nahen Osten diplomatisch lösen kann. Deshalb will es auch einen Krieg zwischen Iran und Israel vermeiden."

Für härtere Ausweisepolitik etwa in Deutschland

Für den in Moskau lebenden, in der Schweiz geborenen CER-Präsidenten stellen moslemische Antisemiten in Europa derzeit eine größere Gefahr dar als Rechtsextremisten. Zugleich warb er für einen Dialog mit muslimischen Politikern und Geistlichen. Die Politik müsse aber gegenüber Angriffen auf Juden etwa durch Zuwanderer aus dem arabischen Raum mehr Konsequenz zeigen, forderte Goldschmidt. "Wenn jeder Flüchtling wüsste, dass er bei einer antisemitischen Attacke Deutschland verlassen müsste, würden solche Attacken schnell enden."

Gefragt sei aber auch jeder Einzelne: So ließen sich mit Smartphones derartige Übergriffe filmen und die Täter dadurch schnell finden.

Gegensteuern schon im Kindergarten

Weiters verwies der Oberrabbiner auf die Devise von Papst Franziskus, wonach die Integration von Migranten in die Gesellschaften der Aufnahmeländer eine Schlüsselfrage darstelle. "Wir müssen in den Kindergärten und Grundschulen damit anfangen, um sicherzugehen, dass sich Antisemitismus bei Migranten nicht festsetzt." Und: "Was die Eltern aus der Heimat mitgebracht haben darf nicht an die nächste Generation weitergegeben werden."

Goldschmidts Vorfahren väterlicherseits waren im Ersten Weltkrieg aus Frankreich in die Schweiz gezogen, es gibt auch Ahnenlinien nach Dänemark und Österreich. Sein Urgroßvater mütterlicherseits und alle dessen Geschwister und Verwandten, die nicht aus Österreich geflohen waren, starben im KZ Auschwitz.

Goldschmidt studierte in Israel und den USA, erreichte hohe Würden und wurde 1989 von der sowjetischen Regierung, dem Jüdischen Weltkongress und hohen jüdischen Theologen und Würdenträgern überredet, mit seiner Familie nach Moskau zu ziehen, um die jüdische Gemeinde in der damaligen UdSSR zu beleben. 1993 wurde er zum Oberrabbiner von Moskau gewählt.

Wo eine Regierung noch Autorität hat

Auf die Frage, wie die Lebenswirklichkeit von Juden in Russland aussehe, antwortete der Oberrabbiner, dass sie sich heute sicherer auf der Straße bewegen könnten als in manchen westlichen Gegenden. "Das hat damit zu tun, dass die Autorität der Regierung in Russland viel stärker ist als im Westen. Sobald ein Signal von oben kommt über eine politische Frage, wird danach gehandelt." Präsident Wladimir Putin habe die Macht, die Sicherheit der Juden in Russland zu garantieren.

(APA/red.)

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