Trumps Mann in Berlin empfängt "Rockstar" Kurz

Richard Grenell
Richard Grenell imago/Chris Emil Janßen
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Der deutsche US-Botschafter, Richard Grenell, löst mit einem Interview Irritationen aus und gibt am 13. Juni ein Mittagessen für Kanzler Kurz.

Wien/Berlin. Bei seinem Antrittsbesuch im Außenministerium in Berlin wird Richard Grenell morgen ausgiebig Gelegenheit haben, seine Ansichten darzulegen, aus denen er ohnehin kein Hehl macht. Der neue US-Botschafter ist erst vier Wochen im Amt, und doch hat der glühende Verfechter der Politik Donald Trumps bereits größere Irritationen ausgelöst, weil er offen Kritik am Gastland übte und öffentliche Empfehlungen abgab.

Auf Breitbart News, der ultrarechten Plattform, für die er selbst Kommentare verfasst hatte, sorgte er mit seiner Analyse jüngst für Aufsehen. Während Ex-Breitbart-Chef Stephen Bannon mit seiner Lobhudelei für die Rechtspopulisten durch Europa tourt, sprach Grenell im Interview über den Vormarsch des Konservativismus, das Versagen der Linken und der politischen Elite. „Ich möchte unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken.“ Der US-Botschafter, auf Du und Du mit Jens Spahn, dem deutschen Gesundheitsminister, deklarierte sich als „großer Fan“ des österreichischen Kanzlers: "Ich denke, Sebastian Kurz ist ein Rockstar." Am nächsten Mittwoch, 13. Juni, empfängt Grenell Österreichs Kanzler in seiner Residenz in Berlin-Dahlem. Ab 12.30 Uhr gibt er ein Mittagessen zu Ehren des Kanzlers, berichtet "Spiegel Online". Das Treffen, heißt es in dem Bericht, sei ein "ungewöhnlicher Schritt" - und es finde auf Initiative der österreichischen Seite statt. Das bestätigte auch Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Abend der "Presse". Zuerst werde Kurz aus Israel kommend am 12. Juni die deutsche Kanzlerin Angela Merkel besuchen. Danach stünden Treffen mit Innenminister Seehofer, dem Industriebeirat des Wirtschaftsrates der CDU und eben auch mit dem deutschen US-Botschafter auf dem Programm. "Es gilt insbesondere in Zeiten wie diesen mit den engsten Vertrauten des US Präsidenten Kontakt zu halten, vor allem zu Fragen wie der Handelspolitik und der transatlantischen Beziehungen", erklärte Launsky-Tieffenthal.

Merkel reagierte auf die Aktivitäten des US-Botschafters ausweichend. "Ich habe das wie vieles andere auch zur Kenntnis genommen", sagte Merkel am Montag in Berlin. 

Kritik an der Bundeswehr

Der US-Botschafter kritisierte obendrein schonungslos die Mängel der Bundeswehr und mahnte bei Deutschland als größter Volkswirtschaft Europas die Nato-Pflichten und insbesondere das Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben ein. Das sind neue und ungewöhnliche Töne für einen Diplomaten. Es ist ein Bruch mit den Gepflogenheiten, Kritik allenfalls diskret und hinter den Kulissen zu äußern. Schon vor Dienstantritt, der sich wegen des Widerstands im Senat über acht Monate hingezogen hatte, legte Grenell Deutschland via Twitter nahe, sich doch den Luftangriffen gegen das Assad-Regime in Syrien anzuschließen.
Entrüstung löste sein Einstand als Botschafter aus, als er – neuerlich auf Twitter – deutsche Firmen nach der Aufkündigung des Atompakts mit dem Iran durch die USA dazu aufforderte, sich aus dem Iran-Geschäft zurückzuziehen. Nicht nur die deutsche Wirtschaft gab sich perplex. SPD-Chefin Andrea Nahles empfahl Grenell diplomatische Nachhilfe. Wolfgang Ischinger, der deutsche Ex-Botschafter in Washington und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, riet ihm, dem Gastland nie Instruktionen zu erteilen.

Doch Grenell zieht es vor, Klartext zu sprechen und notfalls zu provozieren. Seinen Job lernte er als Sprecher und Berater von republikanischen Politikern – von John McCain bis Mitt Romney. In der Ära der turbulenten Außenpolitik George W. Bushs agierte der Britney-Spears-Fan acht Jahre als Sprecher des UN-Botschafters, unter anderem des Hardliners John Bolton, des neuen Sicherheitsberaters Donald Trumps. Via Twitter äußert sich Grenell öfter als der Präsident, auf Fox News und im „Wall Street Journal“ betätigte er sich als scharfzüngiger Gastkommentator und Kritiker des „Schmusekurses“ Barack Obamas.
Wie er sich denn als US-Botschafter in Europa fühle, fragte ihn ein Kolumnist. „Wie ein schwuler Konservativer in der Republikanischen Partei.“ Als außenpolitischer Sprecher des Präsidentschaftskandidaten Romney hatte Grenell, als Homosexueller der evangelikalen Basis suspekt, seinen Job 2012 nach wenigen Wochen verloren.

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