G-7-Gipfel versinkt im Streit: Trump spricht von Erfolg

Merkel und Trump beim G7-Gipfel
Merkel und Trump beim G7-GipfelAPA/AFP/GETTY IMAGES (LEON NEAL)
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Bevor der US-Präsident Donald Trump den G7-Gipfel vorzeitig verließ, schlug er noch eine zollfreie G7-Zone zwischen den sieben westlichen Industrienationen vor. "Keine Zölle, keine Hemmnisse. Das ist die Weise, wie es sein sollte", sagte Trump.

Der G-7-Gipfel der wichtigen Wirtschaftsmächte hat keinerlei Annäherung in den zentralen Streitfragen Handel und Klimaschutz gebracht, sondern nur punktuelle Erfolge bei Themen wie Frauenförderung.

US-Präsident Donald Trump reiste am Samstag in der Früh mehr als fünf Stunden vor dem Ende des Treffens aus dem Gipfelort La Malbaie ab und schwänzte damit fast den ganzen zweiten Gipfeltag - ein Zeichen für den tiefen Graben, der zwischen ihm und den sechs anderen G-7-Mitgliedern liegt. Immerhin verdichteten sich kurz vor Ende des Treffens die Anzeichen, dass es zumindest wie üblich eine gemeinsame Abschlusserklärung geben wird. Vor dem Gipfel hatte es die Befürchtung gegeben, dass selbst ein solcher Minimalkonsens nicht möglich sein werde.

Trump verließ das Luxushotel "Manoir Richelieu" am Sankt-Lorenz-Strom mit seiner Wagenkolonne gegen 10.00 Uhr, um zu dem Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un nach Singapur zu fliegen. Dieses findet allerdings erst am Dienstag statt. In La Malbaie sparte sich Trump nicht nur die Arbeitssitzung zum Klimaschutz, sondern auch ein Treffen mit Staats- und Regierungschefs aus etwa zehn Entwicklungs- und Schwellenländern wie Haiti, Ruanda und Argentinien.

"Ausgesprochen erfolgreich"

Trotz der tiefen Gräben im transatlantischen Verhältnis zeigte er sich vor seinem Abflug zufrieden. Der Gipfel sei "ausgesprochen erfolgreich" verlaufen. Das Verhältnis zu den anderen sechs bewertete er mit der Bestnote 10 auf einer Skala von 1 bis 10. "Wir haben eine großartige Beziehung." Die Schuld am aktuellen Handelsstreit und anderen inhaltlichen Differenzen gab Trump der Politik seiner Vorgänger im Weißen Haus. "Das heißt aber nicht, dass ich mit allem einverstanden bin, was sie tun", fügte er vor allem mit Blick auf den Handelsstreit hinzu. "Die Europäische Union ist brutal zu den USA, und sie wissen das. Sie können es selber nicht glauben, dass sie damit davongekommen sind."

Trump hatte kurz vor dem Gipfel Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der EU erlassen. Er warnte die G-7-Partner vor Vergeltungsmaßnahmen. Das Beste wäre, sagte er, wenn es innerhalb der G-7-Nationen überhaupt keine Zölle mehr gäbe: "Keine Zölle und keine Hemmnisse, so sollte es sein. Und keine Subventionen. (...)." Das habe er auch so vorgeschlagen.

"Wir sind das Sparschwein"

Erneut beklagte der US-Präsident ein seiner Ansicht nach zutiefst ungerechtes System des Welthandels. "Wir sind das Sparschwein, das jeder plündert, und das hört jetzt auf." Am Freitag hatten beim Thema Handel beide Seiten nur ihre unterschiedlichen Sichtweisen ausgetauscht. Nach Angaben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde für die Abschlusserklärung trotzdem eine gemeinsame Formulierung gefunden. "Aber diese unterschiedlichen Auffassungen sind nicht aus der Welt."

Beim Klimaschutz wird nach ihren Angaben wie beim letzten Gipfel der Dissens zwischen den USA und den anderen Mitgliedern festgeschrieben. Trump war aus dem Pariser UNO-Klimaschutzabkommen ausgestiegen - und hatte sich damit weltweit isoliert.

Plastikmüll in Ozeanen

Auch bei einem anderen Umweltthema klinkte Trump sich auf dem Gipfel in Kanada aus. Die anderen sechs verpflichteten sich darauf, bis 2030 die vollständige Verwertung von Plastikmüll zu erreichen - vor allem, um ihn aus den Ozeanen zu verbannen. In Europa fallen nach Angaben der EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp 30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Mülldeponien, in Verbrennungsanlagen oder eben in der Umwelt.

Eine Einigung erzielten die großen Wirtschaftsmächte nur in Einzelfragen. So wollen sie mit einem gemeinsamen Abwehrsystem gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland oder China vorgehen. Der sogenannte "Rapid Response Mechanism" (RRM) soll eine koordinierte und deutlich schnellere Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere "inakzeptable Handlungen" ermöglichen.

Einig war sich die G-7 auch bei der Förderung von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern und Krisenregionen. Dafür sollen insgesamt 4,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.

Gemeinsame Haltung in der Nordkorea-Frage

In der Nordkorea-Frage bekräftigten die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada erwartungsgemäß ihre gemeinsame Haltung. Nach Angaben von Diplomaten unterstützten alle die von Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe vorgestellten Bemühungen für eine unumkehrbare atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel.

Die Liste der Streitfragen wurde aber sogar noch länger. Trump erweiterte sie mit dem Vorstoß, Russland wieder in die Gruppe der großen Wirtschaftsmächte aufzunehmen. Chancen auf Erfolg hat der Vorschlag nicht, weil ein solcher Beschluss nur einstimmig fallen kann. Merkel und Kanada sprachen sich offen dagegen aus, sollte es im Ukraine-Konflikt - der Grund des Ausschlusses Moskaus - keine Fortschritte geben.

Der neue italienische Premierminister Giuseppe Conte ist allerdings dafür. Damit geht an dieser Stelle der Graben auch durch die Europäische Union. Die neue populistische Regierung in Italien aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega verfolgt generell eine russlandfreundliche Linie und will sich auch für ein Ende der Sanktionen gegen das Land einsetzen.

Nicht angesprochene Themen

Zu einem anderen großen Streitthema war beim Gipfel nicht viel zu hören. Was wird aus dem Atomabkommen mit dem Iran? Die Europäer wollen die Vereinbarung zur Verhinderung einer iranischen Atombombe unbedingt retten, die USA sind ausgestiegen und wollen Teheran mit Sanktionen unter Druck setzen. Sie wollen so auch die Einmischung des Landes in regionale Krisen unterbinden und das iranische Raketenprogramm stoppen. Und noch ein Thema fehlte in La Malbaie: Der seit sieben Jahren andauernde Krieg in Syrien mit Hunderttausenden Toten.

(APA)

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