Merkel beharrt im Streit um Asylpolitik auf europäischer Lösung

Fraction meetings in Berlin
Fraction meetings in Berlin(c) REUTERS (Michele Tantussi)
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Die deutsche Kanzlerin äußerte sich am Samstag zum Streit zwischen den Unionsparteien CDU und CSU. Politiker der CDU warnten unterdessen vor einem Bruch durch die CSU.

Im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erneut ihre Forderung nach einer europäischen Lösung betont. Das Thema Migration sei "eine Herausforderung, die auch eine europäische Antwort braucht. Und ich halte dieses Thema für eines der entscheidenden für den Zusammenhalt Europas", sagte Merkel am Samstag.

Der deutsche Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer will Migranten an der Grenze zurückzuweisen lassen, die schon in einem anderen EU-Land Asyl beantragt haben. Das lehnen Merkel und weite Teile der CDU strikt ab. Sie fordern eine europäische Lösung. Die CSU hat der Kanzlerin quasi eine Frist bis Montag gesetzt, um auf ihre Linie einzuschwenken. Andernfalls will Seehofer im nationalen Alleingang seine Forderung durchsetzen. Ein Kompromiss ist derzeit nicht in Sicht.

In ihrer wöchentlichen Videobotschaft äußerte sich Merkel auch zu dem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am kommenden Dienstag. Macron ist am Dienstag im Gästehaus der deutschen Regierung im brandenburgischen Meseberg zu Gast, um den EU-Gipfel am 28. und 29. Juni vorzubereiten. Neben dem Thema Migration kündigte Merkel "deutsch-französische Antworten" zur gemeinsamen Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU, zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes an. Diese sollten in die europäische Meinungsbildung einfließen.

"Grenzenlose Verantwortungslosigkeit"

Unterdessen warnten Politiker von Merkels CDU die CSU eindringlich vor einem Bruch der Union. "Ein Auflösen der Unionsgemeinschaft käme dem Ende der Regierungskoalition gleich", sagte Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag: "Und das würde ein politisches Erdbeben nach sich ziehen." Eine Einigung sei "zwingend notwendig", denn sonst stelle sich "automatisch die Frage nach der Zukunft der Unionsgemeinschaft". Senftleben äußerte die Hoffnung auf eine Lösung in dem Streit noch an diesem Wochenende.

Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg forderte Kompromissbereitschaft von der CSU. "Jeder sollte bei seinem Handeln bedenken, ob das Ergebnis nicht auf Neuwahlen hinausläuft", sagte er dem RND. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer appellierte an die Beteiligten, "am Wochenende einmal tief durchzuatmen". Die Unterschiede in der Sache seien nicht so gravierend, "dass man dafür den ganzen Laden in die Luft jagen müsste", sagte Pfeiffer den Zeitungen.

Die Grünen-Spitze attackierte die CSU in dem Streit scharf. Parteichefin Annalena Baerbock warf Seehofer "grenzenlose Verantwortungslosigkeit" vor. "Hier nimmt ein abgehalfterter CSU-Parteivorsitzender, der sein Ministeramt offensichtlich als Mittel zum Zweck missbraucht, aufgrund seiner innerparteilichen Abrechnungen und Angst vor dem Machtverlust in Bayern die ganze Republik in Geiselhaft", sagte sie der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Samstag. Bei Seehofers Vorschlag gehe es weder um eine geordnete Flüchtlingspolitik noch um den Zusammenhalt im Land.

Der Ko-Vorsitzende Robert Habeck nannte Seehofers Vorgehen einen "Putsch". "Offensichtlich geht es gar nicht um Sachpolitik, sondern um brutale Macht", sagte er dem "Handelsblatt". Die CSU spiele mit Europas Einheit und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die "pro-europäischen Staaten zusammenstehen müssen", sagte der Grünen-Politiker.

(APA/AFP)

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