"Historischer Moment": Italiens rechte Regierung begrüßt Ankunft von "Aquarius"

APA/AFP/PAU BARRENA
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Nach tagelanger Irrfahrt kommen die 630 Migranten in Valencia an. Rom spricht von einer "neuen Phase europäischer Solidarität". Italien hatte sich geweigert das Schiff anlegen zu lassen.

Die italienische Regierung begrüßt die Ankunft des Rettungsschiffes "Aquarius" in Valencia. Von einem "historischem Moment" sprach der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli, der für Italiens Häfen zuständig ist. "Spaniens Beispiel ist nur der Beginn einer neuen Phase europäischer Solidarität", twitterte Toninelli, Spitzenpolitiker der Fünf Sterne-Bewegung.

Zufrieden erklärte sich auch Innenminister Matteo Salvini. "Zum ersten Mal landet ein von Libyen abgefahrenes Schiff mit Migranten nicht in Italien. Das ist ein Zeichen, dass sich etwas ändert. Wir sind nicht mehr die Fußabstreifer Europas", kommentierte Salvini auf Facebook. Zugleich bekräftigte er seine Ankündigung, private Rettungsschiffe künftig abzuweisen. Die Hilfsorganisationen sollten wissen, "dass Italien nicht länger Komplize beim Geschäft mit der illegalen Einwanderung sein will", schrieb er auf Facebook.

Das von der Hilfsorganisation SOS Mediterranee gecharterte Schiff hatte am vergangenen Wochenende insgesamt 629 afrikanische Migranten, darunter 123 Minderjährige und mindestens sieben schwangere Frauen, aus Seenot gerettet. Sie kommen nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen aus 26 Ländern, darunter neben afrikanischen Ländern auch Afghanistan, Pakistan und Bangladesch.

Italien und Malta hatten sich geweigert, die "Aquarius" anlegen zu lassen, und damit eine neue Krise in der EU-Flüchtlingspolitik ausgelöst. Schließlich hatte sich Spaniens neue sozialistische Regierung bereit erklärt, die Menschen ins Land zu lassen.

Tanz und Gesang bei Ankunft

Zur Überfahrt nach Spanien waren Hunderte der Flüchtlinge auf die italienischen Schiffe "Dattilo" und "Orione" verteilt worden. Zuerst traf am Sonntagmorgen das italienische Marineschiff "Dattilo" in Valencia ein. Es hatte nach Angaben des Roten Kreuzes 247 Flüchtlinge an Bord. Gut vier Stunden später legte dann die "Aquarius" an. Das italienische Marineschiff "Orione" sollte nach Angaben der spanischen Behörden am Abend folgen.

Als die "Dattilo" am Hafen anlegte, war an Bord Applaus zu hören. Auf der "Aquarius" wurde bei der Hafeneinfahrt getanzt und gesungen, wie auf einem Video von SOS Mediterranee im Onlinedienst Twitter zu sehen war. Nach dem Anlegen der "Dattilo" gingen zunächst Mediziner an Bord, um die Flüchtlinge untersuchen. Schwangere Frauen und Verletzte wurden ins Krankenhaus gebracht. Am Hafen standen 2320 Helfer bereit, um die Menschen aufzunehmen, darunter 470 Dolmetscher. Das Rote Kreuz verteilte Decken, Kleidung und Hygieneartikel.

Wie die spanische Regierung am Samstag bestätigte, soll ein Teil der Flüchtlinge von der "Aquarius" nach Frankreich weiterreisen, sofern sie das wollen und die Voraussetzungen für Asyl erfüllen. Frankreich hatte Italiens Weigerung, das Hilfsschiff einlaufen zu lassen, scharf kritisiert. Präsident Emmanuel Macron warf Rom "Zynismus und Verantwortungslosigkeit" vor. Der französische Regierungssprecher Benjamin Griveaux konnte am Sonntag allerdings noch nicht sagen, wie viele Flüchtlinge Frankreich genau aufnehmen wird. Dies werde nun "von Fall zu Fall" geprüft.

(APA)

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