Deutsche Wirtschaft stellt sich in Asylpolitik hinter Merkel

Die deutsche Wirtschaft vertraut auf Kanzlerin Angela Merkel.
Die deutsche Wirtschaft vertraut auf Kanzlerin Angela Merkel. APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
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Die deutschen Wirschaftsverbände warnen vor nationalen Alleingängen und warnen vor eine Entfremdung von Wirtschaft und Politik. Die Deutschen glauben laut Umfrage, dass die Regierung den Streit überstehen wird.

Die führenden deutschen Wirtschaftsverbände haben sich hinter den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt, in der Flüchtlingspolitik eine gemeinsame europäische Lösung zu suchen. "Die deutsche Wirtschaft ist überzeugt, dass nationale Alleingänge mehr Schaden als Nutzen anrichten", hieß es am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung.

"Renationalisierung als Antwort auf globale Herausforderungen ist wirkungslos." Auch angesichts der aktuellen weltpolitischen Entwicklungen komme es "auf ein gemeinsames Vorgehen innerhalb der Europäischen Union an", heißt es in der Erklärung, die der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, und der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, unterzeichneten.

Sorge vor Entfremdung von Politik und Wirtschaft

Auf die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen innerhalb der deutschen Regierung blicken die Verbände mit Sorge: Politik und Wirtschaft dürften sich "nicht entfremden", forderten sie. "Die parteipolitischen Streitigkeiten schaden dem Ansehen Deutschlands. Sie schwächen uns auf europäischer sowie internationaler Bühne - und das in einer wirtschaftlich herausfordernden Situation."

In der Union war zuletzt ein erbitterter Streit um die Forderung von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer ausgebrochen, bestimmte Asylbewerber an der deutschen Grenze notfalls im nationalen Alleingang zurückzuweisen.

Beim EU-Gipfel in Brüssel verständigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum Freitag nun unter anderem auf eine Stärkung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex und unterstützten auch die Möglichkeit von Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Afrika.

Die Wirtschaftsverbände betonten, die Europäische Union sei "heute der große demokratische Freiheits-, Friedens-, Rechts-, Wirtschafts- und Wohlstandsraum - ohne Beispiel in der Geschichte." Europa sei "Teil unserer Identität".

"Keineswegs dürfen wir dieses große europäische Einigungswerk aufs Spiel setzen", forderten die Verbandspräsidenten. Nötig sei deshalb "eine stabile und entschlossene Regierung, die konstruktiv, lösungsorientiert und besonnen" mit ihren europäischen Partnern zusammenarbeite.

Umfrage: Deutsche glauben an Koalition-Fortbestand

Trotz des Flüchtlingsstreits zwischen CDU und CSU erwartet die Mehrheit der Deutschen einer Umfrage zufolge keinen Bruch der Koalition. Laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer rechnen 64 Prozent der Befragten nicht damit, dass die Regierung aus Union und SPD am Flüchtlingsstreit zerbricht.

Nur 28 Prozent vertraten die Ansicht, dass es der CSU bei dem Streit vor allem um die Lösung des Flüchtlingsproblems geht. Für 65 Prozent spielten die Chancen bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober eine größere Rolle, teilte das ZDF am Freitag mit.

Seehofer und Söder im Vertrauenstief

CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer sowie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sacken im sogenannten Politikerranking stark ab. Seehofer fällt demnach auf minus 0,3 nach plus 0,3 vor drei Wochen, Söder auf minus 0,5 von 0,1. Das sei der schlechteste Wert für einen CSU-Politiker seit zehn Jahren. Mit der Arbeit der Bundesregierung ist nach dem Asylstreit nur noch knapp die Hälfte der Deutschen zufrieden. 49 Prozent bescheinigen der großen Koalition gute Arbeit, vor drei Wochen waren es noch 64 Prozent.

Das spiegelt sich auch in Umfragewerten der Parteien. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, könnte die Union demnach mit 32 Prozent rechnen, das ist ein Punkt weniger als vor drei Wochen. Die SPD sackt um zwei Punkte auf 18 Prozent ab. Zulegen können um je einen Punkt die AfD und die Grünen auf jeweils 14 Prozent sowie die FDP auf neun Prozent. Die Linke verharrt bei zehn Prozent. Für das Politbarometer befragte die Forschungsgruppe Wahlen 1.290 Wahlberechtigte vom 25. bis 28. Juni.

(APA/AFP)

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