Ukraine: Die neue Harmonie an der Kiewer Staatsspitze

(c) AP (Efrem Lukatsky)
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Mit Mykola Asarow hat Präsident Janukowitsch seinen alten Weggefährten zum Premier gemacht. Über Jahre war das Land gerade wegen ständiger politischer Streitereien zwischen Präsident und Premier wie paralysiert gewesen.

MOSKAU/KIEW.Keine Sorge, er werde zurückkommen, hatte Mykola Asarow gelassen angemerkt, als er gemeinsam mit seinem jahrelangen Weggefährten und nunmehrigen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch vor Jahren den orangen Revolutionären hatte weichen müssen. Am Donnerstag war es so weit. Der 59-jährige Janukowitsch überreichte seinem 62-jährigen Parteikollegen einen Strauß roter Rosen. Symbol alter Freundschaft, gewissermaßen. Und Sinnbild einer neuen Harmonie an der Staatsspitze.

Über Jahre war das Land gerade wegen ständiger politischer Streitereien zwischen Präsident und Premier wie paralysiert gewesen. Mit der Ernennung Asarows zum neuen Premierminister verfügt die Ukraine erstmals wieder über ein einmütiges Machttandem.

Bis zum Schluss war unklar, ob Janukowitschs „Partei der Regionen“, die als größte Partei des Landes im russischsprachigen Osten verankert ist, eine neue Koalition zimmern könnte. Seit seinem Sieg bei der Präsidentenwahl Anfang März hat Janukowitsch darum gerungen, die orange Koalition seiner Gegnerin Julia Timoschenko zu demontieren und Überläufer zur Bildung eines neuen Bündnisses zu finden. Um sicherzugehen, befreite er die Abgeordneten mit einer umstrittenen Anlassgesetzgebung vom Fraktionszwang. Am Ende stimmten 235 der 450 Parlamentarier für das neue Bündnis mit den wenigen Kommunisten, zusätzliche sieben dann auch für Asarow.

Der russischstämmige Ex-Finanzminister und Steuerexperte, der erst 1986 in die Ukraine übersiedelt war, kündigte am Donnerstag die Sanierung der desaströsen Staatsfinanzen und die unverzügliche Kooperation mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) an. Dieser hatte die Überweisung der Stützkredite zuletzt wegen der politischen Instabilität ausgesetzt.

Die Kredite freilich sind lebensnotwendig, ist die Ukraine doch mit einer vorjährigen Rezession von 15 Prozent von der Wirtschaftskrise aufs Schwerste getroffen. Laut Asarow brauche das Land sogar mehr Hilfe als die vom IWF beschlossenen 16,4 Mrd. Dollar, weil 2010 umgerechnet 5,5 Milliarden Dollar an Inlandsschulden zu tilgen seien.

„Der Staatssäckel ist leer“

„Das Land wurde geplündert, der Staatssäckel ist leer“, hielt Asarow in Richtung Vorgängerregierung fest. Der Budgetentwurf müsse realistisch überarbeitet werden. In der Tat ist die wirtschaftliche Gesundung die Hauptaufgabe.

Beobachter und Investoren geben sich vorsichtig optimistisch, dass die neue Harmonie den Impuls für den Weg aus der Krise geben könnte. Die Koalition selbst freilich steht mit ihren freien Abgeordneten auf instabilen Beinen. Und Timoschenko wetzt bereits die Messer. Von einer „Oligarchenregierung“ sprach sie gestern.

Als neuen Außenminister ernannte Janukowitsch den bisherigen Botschafter in Moskau, Konstantin Grischtschenko, der als westlich orientiert gilt. Zum Vizepremier für Wirtschaftsagenden erhob er den Exbankier und Überraschungsdritten der ersten Runde der Präsidentenwahl, Sergej Tigipko. Er ist der Hoffnungsträger der Unternehmer.

AUF EINEN BLICK

Machtwechsel. Mit der Wahl von Mykola Asarow (62) ist der Machtwechsel in der Ukraine vom orangen zum blauen Lager endgültig vollzogen. Asarow, ein früherer Finanzminister, ist ein enger Vertrauter des neuen Präsidenten Viktor Janukowitsch. 242 Abgeordnete im 450 Sitze zählenden Kiewer Parlament stimmten für Asarow.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2010)

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