Umstrittener Wien-Gast Rohani bleibt von kritischen Fragen verschont

Rohani, Van der Bellen
Rohani, Van der Bellen(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Irans Präsident Rohani hält am Atomdeal fest - "wenn wir profitieren". Er kritisiert die USA. Auch Gastgeber Van der Bellen tut das. Fragen sind nicht zugelassen.

So hat es der iranische Präsident gern. Hassan Rohani blieb in Wien unbehelligt von kritischen Fragen. Journalisten durften einfach keine stellen: weder bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die passenderweise in der Geheimen Ratsstube der Hofburg stattfand, noch gegenüber im Bundeskanzleramt bei seinem späteren Auftritt mit Sebastian Kurz. Die iranische Seite habe sich dies schon vor zwei Wochen ausbedungen, hieß es dazu in der Präsidentschaftskanzlei. Was solle man da machen, man könne die Gäste aus der Islamischen Republik ja nicht zwingen, sich Journalistenfragen auszusetzen.

Und so hatte Rohani freie Bahn, vor dem versammelten Medienschar seinen Sermon abzugeben. Seine Ausführungen drehten sich vor allem um das vor drei Jahren in Wien abgeschlossene Atomabkommen, aus dem US-Präsident Donald Trump vor Kurzem krachend ausgestiegen ist. Die Amerikaner hätten damit nicht nur gegen internationale Vereinbarungen, gegen den Frieden und die Stabilität der Wel verstoßen, sondern auch ihre eigenen nationalen Interessen verletzt, wetterte Rohani. Sie würden sich damit selbst schaden. Die Zeiten des Unilateralismus seien vorbei: Ein Staat könne nicht mehr einfach für alle anderen entscheiden.

Die Atomvereinbarung sei wichtig für den Iran, die EU und die gesamte Welt. Und seine Regierung, so Rohani, sei bereit, sich auch ohne die USA weiterhin daran zu halten. Allerdings nur unter der Bedingung, dass der Iran weiterhin davon profitieren könne.

Rohani, Van der Bellen
Rohani, Van der Bellen(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)

Am Freitag sollen die Außenminister der Unterzeichnerstaaten Iran, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China in Wien ihre Köpfe zusammenstecken, um das Atomabkommen zu retten. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn die Amerikaner haben nicht nur die Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. Sie drohen auch allen anderen ausländischen Unternehmen, die Geschäfte mit dem Iran treiben, mit Strafmaßnahmen vom US-Markt fernzuhalten.

In der Kritik an den USA war sich Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit seinem Gast aus dem Iran einig. Er bezeichnete die US-Sekundärsanktionen, die auch österreichische Firmen betreffen, angesichts ihrer extraterritorialen Anwendung als Verletzung des Völkerrechts. " Österreich und die EU strebten jedoch an, "auch in schwierigen Zeiten die Rahmenbedingungen für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsbeziehungen beizubehalten und zu vertiefen."

Das Wiener Atommabkommen sei ein Schlüsselelement bei der Nichtverbreitung von Atomwaffen, eine wichtige diplomatische Errungenschaft, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen damals einstimmig abgesegnet habe. Als zentraler Verhandlungsort fühle sich Österreich dem Fortbestand des Atomabkommens verpflichtet. Die in Wien ansässige Atomenergiebehörde habe dem Iran in elf Berichten bestätigt, sich daran gehalten zu haben. Das Atomabkommen sei nie dafür gedacht gewesen, alle Probleme in den Beziehungen mit dem Iran zu lösen, habe dafür aber ein Fenster geöffnet.

Trump hat das Atomabkommen als schlechtesten Deal aller Zeiten bezeichnet. Ihn stört nicht nur, dass die Vereinbarung ein Ablaufdatum hat. Als irritierend empfinden die Amerikaner, dass das islamistische Regime in Teheran ihren Einfluss im Nahen Osten aggressiv ausbaut und dafür auch Mittel verwenden könnte, die es nach Lockerung der Wirtschaftssanktionen im Gegenzug für das vorübergehende Einfrieren seines Atomprogramms bezieht. Tatsächlich führt der Iran nicht nur in Syrien an der Seite Assads Krieg, sondern auch im Jemen. Zudem stützt Teheran die Hisbollah-Milizen im Südlibanon und auch palästinensische Terrororganisationen.

Israel wirft Österreich Beschwichtigungspolitik vor

Israels Premier Benjamin Netanjahu warf Europa unmittelbar vor Rohanis Besuchen in Wien und Bern Beschwichtigungspolitik vor. Österreichs Bundeskanzler Kurz telefonierte mit Netanjahu noch vor seiner Unterredung mit dem iranischen Präsidenten. Das war ihm wichtig. In seiner Presseerklärung bezeichnete es der Regierungschef als absolut inakzeptabel, dass Im Iran der Holocaust geleugnet, Israels Existenzrecht in Frage gestellt oder gar zu dessen Vernichtung aufgerufen werde.
Auch Alexander Van der Bellen hatte zuvor ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abgelegt, zugleich aber von den seit 160 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen Österreichs zum Iran geschwärmt. Der Dialog sei auch in schwierigen Zeiten stets aufrecht erhalten worden.

Unerwähnt ließ Van der Bellen, dass das österreichische Außenamt am Vortag einem Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien den Diplomatenstatus aberkannt hatte. Gegen den Mann liegt ein europäischer Haftbefehl vor. Ihm wird zur Last gelegt, Kopf eines terroristischen Komplotts zu sein, dessen Ziel es gewesen sei, einen Bombenanschlag auf eine Versammlung des oppositionellen Nationalen Widerstandsrats des Iran nahe Paris zu verüben. Der Diplomat sitzt derzeit in Deutschland in Haft. Die iranische Regierung streitet alles ab und spricht von einer Machenschaft unter „falscher Flagge“. Dieser Interpretation scheint man tendenziell auch in der österreichischen Präsidentschaftskanzlei zu folgen. Van der Bellen schnitt das Thema auch nicht im Delegationsgespräch an. Kurz indes forderte wenigstens „volle Aufklärung“.

Die US-Botschaft in Wien machte ihrem Unmut über den Empfang Rohanis auch  via Twitter Luft. "Die Vereinigten Staaten stehen auf der Seite derjenigen im Iran, die für ihre grundlegenden Menschenrechte kämpfen." Eine kaum verhüllte Kritik. Es gab auch Proteste. Anhänger des Nationalen Widerstandsrats demonstrierten am Stephansplatz. Weit außerhalb des abgesperrten Hofburgareals und der Sichtweite Rohanis. Rund 100 Exiliraner des "Nationale Widerstandsrates des Iran" versammelten sich dort, wie ein NWRI-Sprecher der APA mitteilte. Europa dürfe "keinen roten Teppich für Henker und Terroristen ausrollen", betonte er.

(APA)

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