Leichtes Spiel für Hassan Rohani in Wien

IRANISCHER PRAeSIDENT ROUHANI IN OeSTERREICH: VAN DER BELLEN/ROUHANI
IRANISCHER PRAeSIDENT ROUHANI IN OeSTERREICH: VAN DER BELLEN/ROUHANIAPA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

Präsident Rohani wettert in Wien mit Gastgeber Van der Bellen gegen den US-Ausstieg aus dem Atomabkommen – und stellt Bedingungen. Von kritischen Fragen bleibt er verschont.

Wien. So hat es der iranische Präsident gern. Hassan Rohani blieb in Wien unbehelligt von kritischen Fragen. Journalisten durften einfach keine stellen: weder bei der Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die passenderweise in der Geheimen Ratsstube der Hofburg stattfand, noch vis-à-vis im Bundeskanzleramt bei Rohanis späterem Auftritt mit Sebastian Kurz. Die iranische Seite habe sich dies schon vor zwei Wochen ausbedungen, hieß es dazu in der Präsidentschaftskanzlei. Was solle man da machen, man könne die Gäste aus der Islamischen Republik ja nicht zwingen, sich Journalistenfragen auszusetzen.

Und so hatte Rohani vor der Medienschar freie Bahn. Seine Ausführungen kreisten um das vor drei Jahren in Wien abgeschlossene Atomabkommen, aus dem US-Präsident Trump im Mai krachend ausgestiegen ist. Die Amerikaner hätten nicht nur gegen eine internationale Vereinbarung verstoßen, sondern auch gegen den Frieden, die Stabilität in der Welt – und ihre eigenen nationalen Interessen, wetterte Rohani.

Atomgipfel am Freitag in Wien

Die Atomvereinbarung sei wichtig für die gesamte Welt. Und seine Regierung, so Rohani, sei bereit, sich auch ohne die USA weiterhin daran zu halten. Allerdings nur unter der Bedingung, dass der Iran davon profitieren könne. Am Freitag sollen die Außenminister der Unterzeichnerstaaten Iran, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China in Wien zusammenkommen, um das Atomabkommen zu retten. Doch so einfach ist das nicht. Denn die Amerikaner haben nicht nur die Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. Sie drohen auch, ausländische Unternehmen, die Geschäfte im Iran treiben, mit Strafmaßnahmen vom US-Markt fernzuhalten. Die Iraner verlangen dem Vernehmen nach viel: volle Kompensation.

In der Kritik an den USA war sich Österreichs Bundespräsident, Alexander Van der Bellen, mit seinem Gast aus dem Iran einig. Er bezeichnete die US-Sekundärsanktionen, die auch österreichische Firmen betreffen, angesichts ihrer extraterritorialen Anwendung als Verletzung des Völkerrechts. Das Wiener Atomabkommen sei ein Schlüsselelement für die Nichtverbreitung von Atomwaffen, das der UN-Sicherheitsrat damals einstimmig abgesegnet habe. Die in Wien ansässige Atomenergiebehörde habe dem Iran in elf Berichten bestätigt, sich daran gehalten zu haben. Das Atomabkommen sei nie dafür gedacht gewesen, alle Probleme in den Beziehungen mit dem Iran zu lösen, habe dafür aber ein Fenster geöffnet.

Trump hat das Atomabkommen als schlechtesten Deal aller Zeiten bezeichnet. Ihn stört nicht nur, dass es ein Ablaufdatum trägt und der Iran danach sein Nuklearprogramm wieder hochfahren darf. Als irritierend empfinden die Amerikaner, dass das islamistische Regime in Teheran seinen Einfluss in Nahost aggressiv ausbaut und dafür auch Mittel verwenden könnte, die es nach Lockerung der Wirtschaftssanktionen im Gegenzug für das Einfrieren seines Atomprogramms bezieht. Tatsächlich führt der Iran nicht nur in Syrien an der Seite Assads Krieg, sondern auch im Jemen. Zudem stützt Teheran die Hisbollah-Milizen im Südlibanon und palästinensische Terrororganisationen.

„Juden haben Schuld uns gegenüber“

Israels Premier, Benjamin Netanjahu, warf Europa vor Rohanis Besuchen in Wien und Bern Beschwichtigungspolitik vor. Sebastian Kurz telefonierte mit Netanjahu, noch bevor er Rohani traf. In seiner Presseerklärung bezeichnete es der Kanzler als inakzeptabel, dass im Iran der Holocaust geleugnet, Israels Existenzrecht infrage gestellt oder gar zu dessen Vernichtung aufgerufen werde. Danach wurde es in einem Schlagtausch mit Rohani bizarr. „Wir haben die Juden in Babylon gerettet. Sie haben eine Schuld uns gegenüber“, sagte der Präsident des Iran und blickte dabei auf die babylonische Gefangenschaft zurück, die mehr als 2500 Jahre zurückliegt. Der Iran habe gute Beziehungen zu Juden in aller Welt, nicht aber zu den Zionisten, die Menschen in Gaza unterdrücken und den Islamischen Staat (IS) in Syrien unterstützen würden.

Auch Van der Bellen hatte zuvor ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abgelegt, zugleich aber von den seit 160 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen Österreichs zum Iran geschwärmt. Der Dialog sei auch in schwierigen Zeiten stets aufrechterhalten worden.

Hofburg: „Terrordiplomat“ kein Thema

Unerwähnt ließ Van der Bellen, dass das Außenamt am Vortag einem Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien den Diplomatenstatus aberkannt hatte. Gegen den Mann liegt ein europäischer Haftbefehl vor. Ihm wird zur Last gelegt, Kopf eines terroristischen Komplotts zu sein, dessen Ziel ein Bombenanschlag auf eine Versammlung des oppositionellen Nationalen Widerstandsrats des Iran nahe Paris gewesen sei. Der Diplomat sitzt in Deutschland in Haft. Die Regierung des Iran streitet alles ab und spricht von einer Machenschaft unter „falscher Flagge“. Dieser Interpretation scheint man tendenziell auch in der Wiener Präsidentschaftskanzlei zu folgen. Van der Bellen schnitt das Thema auch nicht im Delegationsgespräch an. Kurz indes forderte wenigstens „volle Aufklärung“.

Anhänger des Nationalen Widerstandsrats demonstrierten am Stephansplatz. Weit außerhalb des abgesperrten Hofburg-Areals und der Sichtweite Rohanis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.