Iran-Abkommen: Die Suche nach dem Rettungsring

TREFFEN DER JCPOA (JOINT COMMISSION) ZUM IRAN ATOMABKOMMEN
TREFFEN DER JCPOA (JOINT COMMISSION) ZUM IRAN ATOMABKOMMENAPA/HANS PUNZ
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Die Verhandlungspartner wollen den Erhalt des Atomdeals. Aber Teheran stellt finanzielle Bis November soll ein neues Abkommen stehen.

Wien. Die Anspannung vor dem Palais Coburg war förmlich greifbar. Hier, in der Wiener Innenstadt, verhandelten die UN-Vetomächte plus Deutschland vor ziemlich genau drei Jahren das historische Atom-Abkommen mit dem Iran, und Freitagvormittag bestand die Möglichkeit, dass sich ebendieser Vertrag am selben Ort in Luft auflöst. US-Präsident Donald Trump ist bekanntlich polternd aus dem Vertrag ausgestiegen, woraufhin der Iran den Wunsch deponierte, ein neues Treffen in Wien zu organisieren. Bis auf den britischen Außenminister Boris Johnson – er hatte in Großbritannien die eigene Brexit-Krise zu bewältigen – nahmen die ursprünglichen Verhandler minus den USA die Einladung an.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow eilte förmlich in das Palais, wartete dort doch schon die Vorsitzende des Vormittags, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Als Vorbereitung für die erweiterte Gesprächsrunde dienten Mogherini Einzeltreffen mit Lawrow und auch dem iranischen Verhandler, Außenminister Javad Zarif. In den Tagen vor der Sitzung urgierte Teheran eine Lösung und drohte beharrlich mit der Aufkündigung des Abkommens. Das wiederum ließen sich die Gesprächspartner nicht sagen. „Sie müssen mit den Drohungen aufhören, damit wir Lösungen für die ökonomische Kompensation für den Iran finden können“, forderte etwa der französische Außenminister, Jean-Yves Le Drian, kurz vor seiner Abreise nach Wien.

Kampfansage an die USA

Mogherini, Lawrow, Le Drian, der Deutsche Heiko Maas, Zarif, der chinesische Außenminister Wang Yi sowie der britische Vertreter, Alistair Burt, bekannten sich jedenfalls zu dem Iran-Deal. Das Ergebnis des dreistündigen Gesprächs war denn auch: Die Gespräche gehen weiter. Positiv merkten Irans Partner an, dass sich die Islamische Republik bislang an die Vereinbarungen gehalten hat. So wurden die Bestände von Uran reduziert. Und künftig soll die umstrittene Modernisierung des Schwerwasserreaktors Arak von den Briten mitbeaufsichtigt werden.

Die eigentlich interessanten Punkte an Mogherinis Abschlusserklärung waren indessen zwei Nebensätze, die sich wie eine Kampfansage an die USA anhören: Der Export von Öl, Gas und weiteren Rohstoffen aus dem Iran ist weiterhin erwünscht. So auch wirtschaftliche Investitionen im Iran. Trump wollte mit seinem Ausstieg schließlich bezwecken, dass die Geldflüsse in den Iran versiegen und der Ölexport auf null sinkt. Den damals von US-Außenminister John Kerry mitverhandelten Vertrag sieht er als zu schwach an. Die USA wollen ab August auch jene ausländischen Firmen bestrafen, die mit dem Iran weiter Geschäfte abwickeln.

Schon kurze Zeit nach dieser Ankündigung aus Washington haben sich europäische Firmen aus dem Iran zurückgezogen. Und weil Teheran ohnehin mit einer Wirtschaftskrise kämpft, erwartet sie sich nun wasserdichte Versprechen von den neuen Verhandlungen.

Maas schraubt Erwartungen herunter

Vor drei Jahren, nach dem Abschluss des Deals, rechneten sämtliche Beteiligte noch mit einem Boom zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Golf. Dieser blieb jedoch aus, stattdessen kämpfte die Islamische Republik mit Preissteigerungen, die zu mehreren Protestwellen führten. Der Wunsch des Iran ist also, dass die übrig gebliebenen Partner sämtliche ökonomischen Abschläge nach dem US-Ausstieg ersetzen, damit der Aufschwung endlich einsetzt. Aber das kann Zarif niemand versprechen. Schon bevor er das Palais Coburg betrat, schraubte Deutschlands Außenminister Maas die Erwartungen herunter: „Wir werden nicht alles kompensieren können.“ Und er warnte den Iran, das Abkommen leichtfertig aufzugeben. Denn das würde dem schwer angeschlagenen Land noch mehr schaden.

Aus französischen Kreisen heißt es, dass es wohl im November zu einer Einigung bei den neuen Gesprächen kommen könnte. Ab 4. November will Washington schließlich damit beginnen, jene Länder zu bestrafen, die Rohstoffe aus dem Iran kaufen.

AUF EINEN BLICK

Iran-Gespräche. Im Mai hatte US-Präsident Donald Trump den Ausstieg aus dem Iran-Atomabkommen angekündigt. Erstmals seit der Aufkündigung kamen am Freitag in Wien die Verhandlungspartner wieder zusammen, freilich ohne die USA: Die Außenminister von Russland, Frankreich, dem Iran, China, Deutschland sowie der britische Vertreter Alistair Burt wollen das Abkommen retten. Washington hingegen plant umfangreiche Sanktionen gegen den Iran sowie jene Länder bzw. Unternehmen, die weiterhin Geschäfte mit der Islamischen Republik machen wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2018)

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