Trotz des Verbots von Innenminister Salvini lässt Staatschef Mattarella gerettete Migranten an Land.
Rom. Die Krise in Italiens Regierung wegen des harschen Migrationskurses von Innenminister Matteo Salvini spitzt sich zu: Trotz des klaren Nein des Lega-Chefs verließen nun Migranten ein italienisches Schiff, das am Donnerstag im sizilianischen Trapani angelegt hatte. Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella persönlich hatte veranlasst, dass die Menschen an Land dürfen.
Salvini schäumte: Er nehme den Schritt des Präsidenten „mit Bedauern und Verwunderung“ zur Kenntnis. Er werde die Sache nicht ruhenlassen. Mattarellas Eingreifen ist ungewöhnlich, da die Rolle des Staatspräsidenten in Italien großteils auf Repräsentationspflichten beschränkt ist.
Zuvor war es wegen des Schiffs „Diciotti“ zu einem heftigen Streit zwischen den Koalitionspartnern, der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega, gekommen. Die „Diciotti“ mit 67 Migranten an Bord – darunter sechs Kinder – hatte Sizilien mit Genehmigung von Verkehrsminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung angesteuert – obwohl Salvini dies strikt verboten hatte. Auch Fünf-Sterne-Chef und Vizepremier Luigi Di Maio hatte dem Innenminister offen widersprochen und deutlich gemacht, dass italienische Schiffe sehr wohl in Italien andocken dürfen. In der Fünf-Sterne-Bewegung wird der Unmut über den harschen Kurs Salvinis immer lauter, der Häfen für gerettete Flüchtlinge verschließen und die Migration auf Null reduzieren will. Bisher hatten die Grillini Salvinis Kurs schweigend hingenommen.
Salvini spricht von „Piraten“
Die Menschen auf der „Dicotti“ waren zunächst vom italienischen Handelsschiff „Vos Thalassa“ vor Libyens Küste an Bord genommen worden. Einige von ihnen sollen gegen die Besatzung vorgegangen sein, worauf die Küstenwache zur Hilfe geholt worden war. Salvini sprach daraufhin von „Verbrechern und Piraten“, die „in Handschellen von Bord geholt“ werden sollten. (ag., red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2018)