Trump irritiert Regierung in London

Keine einfache Beziehung: Trump sorgt mit Aussagen über Gastgeberin May für Verstimmung.
Keine einfache Beziehung: Trump sorgt mit Aussagen über Gastgeberin May für Verstimmung.(c) APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI (BRENDAN SMIALOWSKI)
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Der US-Präsident kritisierte in einem Interview May und ihren sanften Brexit-Kurs: Hoffnungen auf ein Wirtschaftsabkommen mit den USA seien tot. Später ruderte er zurück.

London. Bevor er noch Tee mit Queen Elizabeth aus edelsten Behältnissen zu sich nehmen durfte, zerschlug US-Präsident Donald Trump gestern, Freitag, alles, was es an diplomatischem Porzellan zu zerstören gab. In einem beispiellosen Interview mit dem Boulevardblatt „The Sun“ erklärte er nicht nur die britischen Hoffnungen auf ein rasches Wirtschaftsabkommen mit den USA nach dem Brexit für „wahrscheinlich tot“, sondern attackierte auch direkt die britische Premierministerin, Theresa May: „Ich habe ihr gezeigt, wie man das verhandeln muss.“

Alles nur „Fake News“

Stunden nachdem das Interview für Irritationen auf höchster Ebene gesorgt hatte, machte Trump einen radikalen Kurswechsel und beschuldigte – wieder einmal – die Medien. Das Interview sei „Fake News“, denn die Zeitung habe nicht seine „positiven Aussagen“ über May wiedergegeben, sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der britischen Premierministerin. Hatte er der „Sun“ noch gesagt, die neue Linie Londons für einen „soft Brexit“ werde eine Vereinbarung zwischen den USA und Großbritannien wohl unmöglich machen, meinte er nun: „Was immer Großbritannien entscheidet, soll uns recht sein.“

Auch von der persönlichen Kritik an May rückte er ab. In dem „Sun“-Interview hatte er sie in beispielloser Form vorgeführt, indem er etwa zu den Brexit-Verhandlungen meinte: „Ich habe ihr gezeigt, wie man das macht. Aber sie hat nicht zugestimmt, sie hat mir nicht zugehört.“ Zum Schaden fügt er noch Spott hinzu, indem er den früheren britischen Außenminister Boris Johnson über den grünen Klee lobte: „Er hat ohne Zweifel das Zeug zum Premier.“ Johnson war aus Protest gegen die sanftere Linie Londons am Montag zurückgetreten. Es wird erwartet, dass er früher oder später einen Angriff gegen May um die Führung der britischen Politik starten wird.

Stoische May

Wie schon so oft schien alles ungerührt an May abzuprasseln. In einer Tischrede wiederholte sich das Werben um enge bilaterale Wirtschaftsbeziehungen nach dem Brexit, nach den Gesprächen mit Trump beharrt die Premierministerin darauf, dass auch bei einem weichen EU-Ausstieg besondere Vereinbarungen mit den USA möglich sein würden.

Zugleich bemühte Trump sich, persönlichen Schaden wiedergutzumachen: „Ich kann nur das Beste über Theresa May sagen.“ May ihrerseits betonte angesichts wachsender Zweifel, was an der viel beschworenen „special relationship“ noch besonders sei: „Ich kann unseren Beziehungen nur die höchsten Noten verleihen.“ Thomas Wright, Außenpolitikexperte des Washingtoner Thinktanks Brookings Institution, meinte über seinen Präsidenten: „So verhält sich kein Verbündeter. Das ist die Politik eines Raubtiers, die darauf abzielt, aus der gegenwärtigen Verwundbarkeit der Briten maximalen Nutzen zu ziehen.“

Briten empört

Anders als die stoische May zeigten sich viele Briten über den US-Präsidenten und seine Politik empört. Mehr als 70.000 Menschen versammelten sich allein in London, wo neben dem Parlament ein Ballon, der Trump als Heulbaby darstellte, aufstieg. Sollte es die Absicht der Organisatoren gewesen sein, den bekannt dünnhäutigen Herrn des Weißen Hauses zu provozieren, war ihnen offensichtlich Erfolg beschieden: „Ich hatte London einst wirklich gern. Aber jetzt fühlt man sich hier nicht einmal mehr willkommen“, beschwerte er sich.

So vermied er auch die Hauptstadt während seines viertägigen Besuchs fast völlig. Nach dem Treffen mit May auf dem Landsitz Chequers machte er der Queen seine Aufwartung auf Schloss Windsor, ehe er zum Golfspielen am Wochenende auf einer seiner Anlagen in Schottland aufbrach.

Die Regionalregierung verweigerte Trump einen offiziellen Empfang, die Sicherheitskosten von zehn Millionen Pfund musste London aufbringen. Von allen Seiten wird es am Montag ein lautes Aufatmen geben, wenn der US-Präsident nach Helsinki zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten, Wladimir Putin, weiterreisen wird. „Niemand ist härter gegen Russland als wir“, sagte Trump gemeinsam mit May. Er habe „keine Erwartungen“ vor dem Treffen mit Putin. „Aber es gibt Überraschungen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2018)

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