Pressestimmen: "Trump peinlich und beängstigend"

Trump, Putin
Trump, Putin(c) imago/ITAR-TASS (Mikhail Metzel)
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Von "Anbiederung" bis "kriecherisch": Wie die Weltpresse das Gipfeltreffen zwischen dem russischen und dem US-Präsident sieht.

Internationale Pressekommentare befassen sich am Dienstag mit dem Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Helsinki sowie der Europa-Reise Trumps.

Die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt:

"Was Trump mit seiner eigenartigen Anbiederung an Putin bezweckt, bleibt ein Rätsel. Sicher ist nur, dass sich der Kreml keinen besseren Akteur im Weißen Haus wünschen kann als ihn - einen Mann, der es in kürzester Zeit geschafft hat, das westliche Bündnis zu zerrütten und die einst so wichtigen Beziehungen mit Berlin, London und Paris toxisch zu machen, der aber auch die amerikanischen Institutionen untergräbt und zugleich naiv darüber hinwegsieht, wie Russland die USA auf dem nahöstlichen Schachbrett ausmanövriert. Könnte Trump im Gegenzug irgendeinen Gewinn vorweisen, ein greifbares Zugeständnis Moskaus, so ließe sich diese Strategie vielleicht noch halbwegs rechtfertigen. Doch wie schon von seinem bombastischen Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un in Singapur kehrt Trump auch aus Helsinki nur mit dem vagen Versprechen auf Fortschritte in der Zukunft zurück."

"El Mundo": Von den USA ist nicht mehr viel zu erwarten

"Europa blickt mit Sorge auf die Früchte des ersten Treffens von Donald Trump und Wladimir Putin. Der Griff, mit dem beide Führer den Kontinent festhalten, ist zunehmend besorgniserregend. (...) Von Russland war nie viel zu erwarten, zumindest nicht seit Putin an die Macht kam. Aber jetzt gilt das gleiche für die Vereinigten Staaten, die von einem Trump geführt werden, der einen Handelskrieg gegen die EU angezettelt hat und diese jedes Mal kritisiert, wenn er europäischen Boden betritt. Die Diplomatie verblasst vor der Realpolitik, die die beiden Führer praktizieren."

"La Vanguardia" (Barcelona):

"Putin war gestärkt durch den organisatorischen Erfolg der WM nach Helsinki gekommen, und Trump kam, nachdem er rechts und links gegen seine NATO-Verbündeten gewettert und die britische Premierministerin kritisiert hatte. Putin verlässt die finnische Hauptstadt, nachdem er ein Doppelziel erreicht hat: internationale Legitimität und die Anerkennung von Russland als Weltmacht. Trump hinterlässt das Gefühl, seinem 'Konkurrenten', wie er Putin definierte, viele Zugeständnisse gemacht zu haben. Beide stimmen aber darin überein, dass sie an einer geschwächten Europäischen Union interessiert sind."

"Times" (London):

"Es war eine Reise, auf der sich Donald Trump die deutsche Bundeskanzlerin zur Brust genommen hat, Theresa Mays Verhandlungsversuche für den Brexit schlechtmachte und die Queen in der Sonne warten ließ. Es stand zu befürchten, dass er in die Gespräche mit Putin geht und im Ausgleich für russische Zugeständnisse bei der Ukraine den Abzug amerikanischer Truppen aus Europa anbietet. Das Schweigen Trumps zur Ukraine war beschämend. Aber vielleicht am beunruhigendsten war die Weigerung des US-Präsidenten, sein eigenes Land zu verteidigen, als er gefragt wurde, ob er an eine russische Einmischung bei den amerikanischen Wahlen glaube. Es ist schwer vorstellbar, dass auch nur einer seiner Amtsvorgänger eine derart pro-russische Linie vertreten hätte.(...)

Alles in allem hat der Gipfel einen schalen Beigeschmack hinterlassen, der dem Ziel Russlands dient, den Westen zu irritieren. Während Trump grob zu seinen offenkundigen Verbündeten in Europa war, verhielt er sich Putin gegenüber kriecherisch. Es ist klar, dass die Bündnisse, auf denen sich die Weltordnung gründet, in Gefahr sind."

"Politiken" (Kopenhagen):

"Na ja, dass sich die Präsidenten der USA und Russlands treffen und miteinander reden, sollte gut sein. Aber zu sehen, wie Donald Trump die USA repräsentiert, ist schmerzhaft. (...) Die Pressekonferenz in Helsinki war grotesk. Trump war mehr daran interessiert, auf Abstand zur Justiz in seinem eigenen Land zu gehen, als an Putins Versuch, Russlands Unschuld zu beteuern. (...) In einer Sitcom würde das als übertrieben rüberkommen. Dass allerdings der US-Präsident so unzusammenhängend, umständlich und schlecht überlegt spricht, ist peinlich und beängstigend. (...) Für Europa ist Trump ein Alptraum geworden, der überstanden werden muss. Für die USA ist Trump ein reguläres Problem, das der amerikanischen Glaubwürdigkeit, ihrem Ruf und Status schadet."

"De Telegraaf" (Amsterdam):

"(Kremlchef) Wladimir Putin, der wegen der Annexion der Krim und der Einmischung in die Ukraine auf der Weltbühne lange als Paria galt, ist vom mächtigsten Mann der Welt in einen Sessel gehievt und zurückgebracht worden an die Spitze. Er ist dort, wo er sein wollte. Auf Augenhöhe mit (US-Präsident Donald) Trump. Und Gleiche unter Gleichen machen sich keine Vorschriften. Donald Trump machte, ähnlich wie beim Gipfeltreffen mit (dem nordkoreanischen Machthaber) Kim Jong-un, wieder einmal deutlich, dass er eine Vorliebe für sogenannte starke Führer hat. Ein Ausdruck, der zu flau ist, um dem korrupten Regime von Putin gerecht zu werden, und lächerlich angesichts des diktatorischen Regimes von Kim Jong-un. Im Fall Putins scheint Trump gar fast dem Kurs Moskaus zu folgen. Putin reibt sich die Hände, denn die EU wird durch einen Handelskrieg geschwächt und die Einheit der NATO wird durch den unberechenbaren amerikanischen Kurs bedroht."

"Gazeta Wyborcza" (Warschau):

"Es tat weh zuzusehen, wie der Präsident der USA sich immer mehr verstrickte, als er Journalisten vor den Augen der Weltöffentlichkeit versicherte, er habe auf ehrliche Weise die Wahlen vor zwei Jahren gewonnen. Der daneben stehende Putin beobachtete ruhig, wie sich sein Rivale öffentlich bloßstellte. (...) In Helsinki hat die ganze Welt gesehen, dass in zwei Jahren komplett abgewertet wurde, was wir einst die amerikanische Führung nannten. (...) Nicht ein Wort sagte er (Trump) zum andauernden Krieg in der Ukraine, zu Syrien. Über den Konflikt mit dem Iran sprach er vage, zum Thema Menschenrechte - so bedeutend für jede vorherige Administration - schwieg er.

Trump kennt sich mit der Geschichte nicht aus, wenn er wirklich meint, dass die 'Beziehungen zwischen den USA und Russland noch nie schlechter waren als gewesen sind als jetzt'. Es war schlechter, mehrfach kam es um ein Haar zum Krieg. Es ist das Verdienst Putins, der die Ukraine angriff, eine blutige Intervention in Syrien führt und sich dreist in die Wahlen in den USA und der EU einmischt, dass es zwischen dem Westen und Russland kein Fünkchen Vertrauen gibt. Die Worte Trumps, die Krise in den Beziehungen sei jetzt beendet, klingen bedrohlich. Russland hat seit 2014 keinen Schritt zurück gemacht und behandelt den Westen wie einen Feind."

"Nepszava" (Budapest):

"Die gemeinsame Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen in Helsinki ist der Beweis: Diese beiden (Trump und Putin) arbeiten zusammen. Zunächst haben sie es getan, um Trump ins Amt zu helfen, nun tun sie es, um ihn auch dort zu behalten. (...) Der merkwürdigste Augenblick des ganzen Gipfeltreffens war jener, als Trump noch vor Beginn des Gesprächs (mit Putin) erst ernst in die Fernsehkameras blickte und dann, als er dachte, dass er nicht mehr gesehen wird, den Kopf zur Seite drehte und mit dem linken Auge Putin zuzwinkerte. Damit ist alles klar."

"Hospodarske noviny" (Prag):

"Der direkte Dialog ist besser als Schweigen oder die Übermittlung von Nachrichten über die Medien. Doch angesichts der ihm beigemessenen Bedeutung erscheinen die Ergebnisse des Gipfeltreffens am Ende ein wenig mager. Trump und Putin haben grundsätzlich übereingestimmt, dass sie versuchen werden, zusammenzuarbeiten und Vereinbarungen zu erreichen - zum Beispiel in der Frage einer möglichen nuklearen Abrüstung, bei der weiteren Entwicklung in Syrien und in der Ukraine sowie beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Eine konkrete Initiative haben sie indes nicht vorgestellt. Und selbst die allgemein formulierten Themenbereiche einer möglichen Zusammenarbeit sind mit grundsätzlichen Fragezeichen versehen."

"Pravo" (Prag):

"Europas Politiker hatten Grund zur Nervosität, da Europa in Helsinki im Vorzimmer bleiben musste. Letztlich war das Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin mehr der Beginn eines Dialogs - noch ohne konkrete Schlussfolgerungen - über die Positionen der USA und Russlands zu allen brennenden globalen Problemen, einschließlich der Ukraine, Syriens, des iranischen Atomabkommens und der Perspektiven der Abrüstung. Das wichtigste greifbare Ergebnis war die Bekräftigung des Willens, die gegenseitigen Beziehungen zu verbessern. (...) Trump hat einmal mehr gezeigt, dass er lieber mit Schwergewichten der internationalen Politik spricht. Neben Russland gehört dazu China, nicht aber die Europäische Union. (...) Die Gefahr, dass über Europa ohne Europa entschieden wird, wächst. Das hat Trumps europäische Woche mit dem Schlusspunkt in Helsinki gezeigt."

"Sme" (Bratislava):

"Wladimir Putin hat sich mit steinernem Gesicht die bombastische Erklärung von Donald Trump angehört, wonach sich ihre Beziehungen, die noch nie so schlecht waren wie zuletzt, soeben vollkommen geändert hätten. Das Gerede vom konstruktiven Dialog ist ein Klischee, um vor den Journalisten den wahren Gesprächsinhalt zu verbergen. Zumindest vorläufig. Denn Trump wird sicher noch einige Details des Treffens veröffentlichen - als Beweis seiner großen Fähigkeiten.

(...) Für Experten für Außenpolitik, die ihr halbes Leben mit dem Sammeln von Daten und Fakten verbrachten, muss es frustrierend sein, dass der US-Präsident sie allesamt für unwichtig hält und sich stattdessen mit Phrasen begnügt."

"Dennik N" (Bratislava):

"Immer wenn Trump einen Autokraten trifft, bekommt er weiche Knie. Da gibt er Kim (Jong-un, dem nordkoreanischen Machthaber) nach, der nach Trumps Worten sein Land gut regiere. Dort macht er einen Rückzieher gegenüber dem 'gemeinsamen Freund' Xi (Jinping, dem Staats- und Parteichef Chinas). Und jetzt hilft er Putin und seinen Fans mit der Bemerkung, Russland sei an gar nichts schuld, denn alle Schuld an den schlechten Beziehungen trügen die vorhergehenden amerikanischen Regierungen."

"Neatkariga Rita Avize" (Riga):

"Ein guter Anfang, um eine gemeinsame Sprache zu finden - so haben US-Präsidenten Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin auf der offiziellen Pressekonferenz ihr erstes bilaterales Treffen beschrieben. Selbst die schärfsten Fragen beantworteten sie dabei mit allgemeinen Phrasen. Gleichzeitig ist nicht bekannt, was sie besprochen haben und wie die Atmosphäre bei dem Gespräch hinter verschlossenen Türen war, als die Präsidenten mehr als zwei Stunden von Angesicht zu Angesicht miteinander redeten."

"Nesawissimaja Gaseta" (Moskau):

"Die USA versuchen Russland auf ihre Seite zu ziehen - vor allem bei den internationalen Konfrontationen mit anderen Mächten wie mit dem Iran und China. Auch das lässt sich zwischen den Zeilen der Verhandlungen zwischen Trump und Putin in Helsinki lesen. Schon während der Begrüßung haben beide sofort alle wichtigen Punkte des historischen Gipfels abgeklopft. Alles kam wie erwartet. Doch gleichzeitig hat sich der Chef des Weißen Hauses das Thema China auf die Fahne geschrieben. Und nun kann man sich ausmalen, dass er sich wünscht, Putin in diesen Handelskrieg hineinzuziehen."

(APA)

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