Rauer Gegenwind für den US-Präsidenten

Die parteipolitische Weltordnung in Washington steht Kopf.
Die parteipolitische Weltordnung in Washington steht Kopf. (c) AFP
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Nach dem Treffen mit Putin muss Trump auch Kritik von ungewohnter Seite einstecken. Seine Nähe zum Kremlchef könnte Republikaner den Sieg bei Kongresswahlen kosten.

New York. Kaum jemand ist dieser Tage noch überrascht, wenn Chuck Schumer den US-Präsidenten aufs Heftigste kritisiert. Als „beschämend“ bezeichnete der Senatsführer der Demokraten Donald Trumps Annäherung an Wladimir Putin in Helsinki. Klingt dramatisch, wäre aber eigentlich keine Schlagzeile wert, weil Schumer seinen Erzfeind stets frontal angreift.

Doch dieses Mal ist alles anders. Die parteipolitische Weltordnung in Washington steht Kopf. Schumers Reaktion ist noch eine der harmloseren. Auch von konservativer Seite bläst Trump gehöriger Gegenwind ins Gesicht. Die Affäre rund um die mutmaßliche Wahleinmischung der Russen im Jahr 2016 droht die Republikaner zu spalten. In letzter Konsequenz könnte das die Konservativen bei den Wahlen im Herbst die Mehrheiten im Kongress kosten.

Man könnte die Reaktion von John McCain, dem krebskranken Senator aus Arizona, noch als erwartbar abtun. „Kein Präsident hat sich jemals erbärmlicher vor einem Tyrannen erniedrigt“, sagte der Republikaner, der Trump regelmäßig kritisiert. Doch auch „Fox News“, dem Weißen Haus sonst freundlich gesinnt, das konservative „Wall Street Journal“ und Parteikollegen wie der einflussreiche Senator Lindsey Graham oder der Senatschef Mitch McConnell schossen sich auf Trump ein. Von „schändlich“ bis „verräterisch“ reichten die Reaktionen.

Das hat es in dieser Form in der Amtszeit Trumps noch nicht gegeben. Zwar sehen auch viele Republikaner die harte Linie im Handelskrieg mit Europa und China skeptisch. Mit öffentlicher Kritik hielten sie sich jedoch zurück, auch aus Angst vor einer Zurechtweisung durch den Präsidenten. Zuletzt rückte die Partei sogar enger zusammen. Nach dem Treffen mit Nordkoreas Kim Jong-un überschlugen sich Trumps Parteikollegen mit Lob, manche forderten gar den Friedensnobelpreis.

Politische Elite ist verstört

Davon ist nun keine Rede mehr, auch wenn Kompromisse zwischen Weißem Haus und Kreml etwa in Syrien durchaus erhebliche Fortschritte bringen könnten. Zu verstört ist die politische Elite in den USA, dass Trump tatsächlich eher dem Wort Putins Glauben zu schenken scheint als den Erkenntnissen der US-Geheimdienste. Diese sehen es als erwiesen an, dass Russland versuchte, die Präsidentenwahlen 2016 zu beeinflussen. Putin bestreitet das.

Trump sagte in Helsinki, dass es „zwei Seiten“ gebe und Putins Dementi „stark und mächtig“ gewesen sei. Dan Coats, der Direktor der US-Nachrichtendienste, beruft sich auf Hinweise einer andauernden russischen Einflussnahme und betont, dass auch für künftige Urnengänge Gefahr bestehe. Selbst für viele Anhänger Trumps wäre es angemessen gewesen, Putin öffentlich zumindest vor zukünftigen Versuchen einer Manipulation zu warnen.

Es gibt freilich auch Stimmen aus den republikanischen Reihen, etwa jene des kalifornischen Abgeordneten Darrell Issa, die es für gerechtfertigt halten, dass Trump die Ergebnisse der Geheimdienste anzweifelt. Für viele Beobachter ist das jedoch nur ein weiterer Beweis dafür, dass die Partei weniger als vier Monate vor den Kongresswahlen auseinanderzudriften droht.

Anfang November wählen die Amerikaner das gesamte Abgeordnetenhaus sowie rund ein Drittel der 100 Senatoren neu. Aktuell halten die Konservativen im Senat eine knappe Mehrheit von 51 Sitzen und im Haus rund 55 Prozent der 435 Sitze.

Kurzum: Derzeit braucht Trump oftmals nur die Stimmen seiner Partei, um Gesetzesvorhaben umzusetzen. Verlieren die Republikaner im Herbst aber eine oder beide Kammern, müsste sich der Präsident der Opposition annähern.

Aussprache mit Abgeordneten

Trump selbst schien am Rückflug von Helsinki um Schadensbegrenzung bemüht. Er habe „großes Vertrauen“ in seine Geheimdienste, schrieb er auf Twitter. Nach seiner Ankunft in Washington traf er am Dienstag mit Mitgliedern des Kongresses zusammen, um die Stimmung unter den Gesetzgebern persönlich abzutasten.

Newt Gingrich, einst Chef der Republikaner im Abgeordnetenhaus und nun einer von Trumps Vertrauten, riet dem Präsidenten den erneuten Gang vor die Mikrofone, um den Geheimdiensten den Rücken zu stärken. Trump habe in Helsinki den „ernsthaftesten Fehler seiner Präsidentschaft begangen“. Diesen müsse er nun korrigieren. Und zwar „sofort“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2018)

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