Zweitpässe für Südtiroler: Innenministerium "weiß nichts" von Gesetzesentwurf

Clemens Fabry
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Die Regierung will Berichte über einen Gesetzesentwurf zu den Doppelpässen für Südtiroler nicht bestätigen. Rom hatte ihn als "unangebrachte und grundsätzlich feindliche Initiative" bezeichnet.

Das Thema Doppelpass sorgt erneut für Spannungen zwischen Rom und Wien. Ein Bericht der "Tiroler Tageszeitung" hatte am Wochenende für Verwirrung gesorgt. Demnach solle bereits am 7. September ein Gesetzesentwurf zu den Doppelpässen für ladinisch- und deutschsprachige Südtiroler stehen. Das österreichische Innenministerium will das nicht bestätigen. "Wir wissen davon nichts", sagt am Montag ein Sprecher zur "Presse".

Er betonte hingegen erneut, dass Wien keine Schritte ohne die Zustimmung Roms und Bozens setzen werden. Auch bei bilateralen Treffen zwischen Innenminister Herbert Kickl und seinem italienischen Kollegen Matteo Salvini sei das Thema doppelte Staatsbürgerschaft nicht angesprochen worden - der Schwerpunkt lag auf Migrationsthemen.

Auch im Büro von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wollte man von einem konkreten Datum nichts wissen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaften" würden  frühestens 2019/2020 gegeben sein", hieß es.  Die künftige Lösung werde zudem "im Dialog mit Rom und in Abstimmung mit Bozen erarbeitet". 

Italien hat wiederholt klar gemacht, dass es große Vorbehalte gegen den Zweitpass für Südtiroler hat. So hatte Rom auch unerwartet scharf auf den "TT"-Bericht reagiert: Sollten die Informationen der "Tiroler Tageszeitung" bestätigt werden, wäre der Gesetzentwurf eine "unangebrachte und grundsätzlich feindliche Initiative", vor allem angesichts der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs, sagte Italiens Außenminister Moavero Milanesi in einer Presseaussendung von Sonntagabend. Um Erklärungen wolle das italienische Außenministerium auch die österreichische Botschaft in Rom bitten, hieß es.

Nicht geklärt, wie Zugehörigkeit definiert wird

Milanesi hat zudem den italienischen Botschafter in Wien, Sergio Barbanti, aufgerufen, sich bei der Regierung in Wien bezüglich der jüngsten Informationen zu erkundigen, hieß es in der Aussendung. Wie die "Presse" erfuhr fand zu der Causa am Montagvormittag eine Krisensitzung im Außenministerium statt.

Die "Tiroler Tageszeitung" hatte auf Bezug aus Regierungskreisen berichtet, dass bis zum 7. September an dem Gesetzesentwurf gefeilt werden solle. Dann tritt nämlich die Arbeitsgruppe zum dritten Mal zusammen. Bei den bisher abgehaltenen Strategiesitzungen wurde bereits der Kreis der möglichen Antragsteller definiert. Dabei soll es sich im Zusammenhang mit der Schutzfunktion Österreichs um alle in Südtirol wohnhaften italienischen Staatsbürger mit deutscher oder ladinischer Muttersprache handeln, berichtete die "TT".

Wer konkret darunter fallen solle, sei noch nicht genau definiert, räumte Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) im Gespräch mit der "Presse" ein. "Da das Gesetz auf die Schutzfunktion von Österreich Bezug nimmt, geht es natürlich um die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit", sagte er. Aber: Es sei eben noch nicht geklärt, wie man diese Zugehörigkeit definiert, darum müssten sich Rechtsexperten kümmern. "Die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung (siehe Faktbox) allein wird wohl nicht ausreichen", fügt Kompatscher, der sich mit der SVP am 21. Oktober den Landtagswahlen stellen muss, hinzu.

Nur über Medien vom angeblichen Entwurf erfahren

Zugleich meinte er, dass auch er nur über die Medien von dem angeblichen Gesetzesentwurf für 7. September erfahren habe. "Südtirols Autonomie baut auf die guten Beziehungen zu Italien", daher sei es ihm wichtig, dass alles zwischen Rom und Wien akkordiert werde, man müsse das Gesetz "sorgsam gestalten". Jedenfalls sei die "Verbundenheit der Südtiroler mit Österreich eine Tatsache" und die Doppelstaatsbürgerschaft vor allem "eine symbolische Geschichte".

Jetzt gehe es jedenfalls darum, dass die Arbeitsgruppe "sachliche" Vorschläge ausarbeitet. Ihm sei generell wichtig die "europäische Perspektive" stärker in den Fokus zu rücken.

Wer zählt zur deutsch- oder ladinischsprachiger Minderheit?

In Südtirol wird die Zugehörigkeit zur deutsch- oder ladinischsprachigen Minderheit anhand der sogenannten Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung erhoben. Hier hat der Antragsteller die Wahl zwischen der deutschen, italienischen oder ladinischen Sprachgruppe. Dafür gibt es alle zehn Jahre eine Volkszählung, in der sich alle Südtiroler ab 14 deklarieren müssen. Theoretisch ist allerdings auch möglich, dass sich etwa ein Südtiroler mit italienischer Muttersprache als deutschsprachig deklariert, das wird nicht überprüft.

Die Erklärung gibt es aufgrund des sogenannten Ethnischen Proporz, einer Quote, nach der öffentliche Stellen besetzt, aber auch Sozialleistungen vergeben werden. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2011 erklärten sich 69,41 Prozent der deutschen Sprachgruppe, 26,06 Prozent der italienischen Sprachgruppe und 4,53 Prozent der ladinischen Sprachgruppe zugehörig.

(Red.)

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