Präsidentenwahl: Schicksalstage für Simbabwe

Auszählung der Stimmen in Mbare, einem Vorort der simbabwischen Hauptstadt Harare.
Auszählung der Stimmen in Mbare, einem Vorort der simbabwischen Hauptstadt Harare.(c) APA/AFP/LUIS TATO (LUIS TATO)
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Laut Staatsmedien soll die Regierungspartei, die jahrzehntelang der gestürzte Ex-Präsident Robert Mugabe führte, eine absolute Mehrheit errungen haben. Nach wie vor Bangen die Menschen um den Ausgang der Präsidentschaftswahl.

Harare/Wien. Dicht an dicht hatten sich die Journalisten schon positioniert, die Objektive der Kameras auf den langen weißen Tisch vor der Flagge Simbabwes gerichtet. Von dort aus wollte die Wahlkommission in Harare am Dienstag die ersten Ergebnisse der Schicksalswahl des südafrikanischen Landes verkünden. Doch der Termin um 15 Uhr verstrich, ohne dass sich Priscilla Chigumba, die Kommissionsvorsitzende, der Öffentlichkeit zeigte. Und mit jeder halben Stunde, in der sich die Erklärung weiter verschob, stieg die Anspannung – bei der Regierung wie bei der Opposition. Schließlich hatten beide Seiten im Verlauf des Tages keinen Zweifel daran gelassen, sich als Sieger der Wahl von Montag zu sehen.

Erst Mittwochfrüh hatte das Warten ein Ende: Simbabwes Regierungspartei Zanu-PF unter Präsident Emmerson Mnangagwahat laut Staatsmedien eine absolute Mehrheit im Parlament errungen. Die simbabwesische Wahlkommission habe die Ergebnisse für 153 der insgesamt 210 Sitze im Abgeordnetenhaus vorgelegt, berichteten die staatliche Mediengruppe ZBC am Mittwoch.

Nach wie vor aber muss die Achteinhalb Monate nach dem Sturz des Langzeit-Diktators Robert Mugabe, der das Land bis an den Rand des Ruins heruntergewirtschaftet hat, steht für Simbabwe in diesen Tagen alles auf dem Spiel. Nicht wenige Simbabwer fühlen sich angesichts des knappen Rennen zwischen Mugabes Nachfolger Emmerson Mnangagwa von der Dauer-Regierungspartei Zanu-PF und seinem Herausforderer Nelson Chamisa vom Oppositionsbündnis MDC an die Präsidentenwahl von 2008 erinnert, die nach einem Patt in blutigen Unruhen gemündet hatte. Zwar verlautete aus Wahlbeobachter-Kreisen, dass der Urnengang ohne größere Regelwidrigkeiten verlaufen sei. Auch war es am Montag weitgehend friedlich geblieben.

„Haushoher Sieg“

Aber es dauerte nicht lange, bis Vorwürfe laut wurden. Tendai Biti, langjähriger MDC-Oppositionspolitiker und früherer Finanzminister in einer Einheitsregierung unter Mugabe nach der blutigen Wahl 2008, beschuldigte die Wahlkommission, gut ein Fünftel der Ergebnisse nicht, wie gesetzlich vorgesehen, an den Wahllokalen ausgehängt zu haben. Chamisa sei ohne Zweifel der klare Gewinner.

Der Oppositionsführer hatte Stunden davor selbst einen „haushohen“ Sieg für sich reklamiert – mit dem Hinweis, seiner Bewegung lägen die Resultate aus „der Mehrheit der mehr als 10.000 Wahllokale vor“. Der MDC erklärte am Nachmittag, die Sicherheitsmaßnahmen sowohl für Chamisa als auch Biti erhöht zu haben, weil es Hinweise auf einen geplanten Mordanschlag aus Zanu-PF-Kreisen gegen die zwei Politiker gebe. Und: Die Regimepartei wolle die Wahl zu den eigenen Gunsten manipulieren. Dutzende MCD-Anhänger feierten in Harare bereits den Wahlsieg.

Junge Bevölkerung hatte auf Chamisa gehofft

Doch auch Regimekandidat Mnangagwa – langjähriger Weggefährte Mugabes und ewige Nummer Zwei, der sich bei der Wahl nun als Neuanfang zu verkaufen versuchte – ließ es sich nicht nehmen, in der Öffentlichkeit Stimmung zu seinen Gunsten zu machen. Er habe „extrem positive“ Informationen zu der Wahl erhalten, erklärte er Dienstag siegesgewiss.

Vor allem die große junge Bevölkerung, die ohne Perspektive ist, und die Bewohner der Städte hatten auf den 40-jährigen Anwalt und Pastor Chamisa gehofft, der über wenig politische Erfahrung verfügt. Sein Sieg würde die Herrschaft jener eingesessenen Elite beenden, die das Land seit der Unabhängigkeit regiert hat.

Mnangagwa, auch das „Krokodil“ genannt, hat seine Basis dagegen in den ländlichen Gegenden, vor allem im Nordosten. Doch nicht wenige hatten gefürchtet, dass er, seine Partei Zanu-PF und auch Teile des Militärs eine Niederlage womöglich nicht akzeptieren würden.  (raa)

Auf einen Blick

In Simbabwe haben am Montag Präsidenten-, Parlaments- und Kommunalwahlen stattgefunden. Es war die erste Abstimmung nach dem Sturz von Langzeit-Diktator Robert Mugabe im November. Entscheidend ist der Ausgang der Präsidentenwahl, die zwischen Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa und Oppositionsführer Nelson Chamisa geschlagen wird. Das Resultat steht noch aus. Beide Seiten sehen sich als Sieger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2018)

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