Slowenien: Anti-Establishment Politiker Sarec wird neuer Premier

APA/AFP/JURE MAKOVEC
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Der frühere Comedian Marjan Sarec hat eine Mehrheit zusammen. Ein Fünf-Parteien-Bündnis soll künftig Österreichs Nachbarland führen.

Der Anti-Establishment-Politiker Marjan Sarec (40) hat sich am Freitag die erforderliche Mehrheit für seine Kür zum slowenischen Ministerpräsidenten gesichert. Die Linke hat am Freitag offiziell mitgeteilt, dass sie beim Votum am Freitag die fehlenden Stimmen beisteuern wird. "Wir haben 52 Stimmen", sagte Sarec am Freitag vor Journalisten mit Blick auf das 90-köpfige Parlament.

Sarec will eine Minderheitsregierung aus fünf Parteien führen, die gemeinsam 43 der 90 Mandate haben. Die Linke, die neun Abgeordnete stellt, will das Kabinett tolerieren, wenn es einige ihrer Forderungen umsetzt. Am Freitag wurde zu diesem Zweck eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Fünf-Parteien-Bündnis und der Linken paraphiert.

Jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes

Der Ex-Comedian und bisherige Lokalpolitiker wird damit am kommenden Freitag zum jüngsten Regierungschef in der Geschichte des Landes gewählt werden. Seiner Regierung werden neben seiner Liste Marjan Sarec (LMS) auch die Sozialdemokraten (SD), die Partei des modernen Zentrums (SMC), die Partei von Alenka Bratusek (SAB) und die Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS) angehören.

Die Linke hatte sich in einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für eine Duldung der geplanten Mitte-Links-Minderheitsregierung ausgesprochen, aber auch eine konkrete Kooperationsvereinbarung verlangt. Diese wurde am Freitag unter Dach und Fach gebracht. "Damit ist die Voraussetzung erfüllt, dass wie unsere neun Stimmen beisteuern können", sagte der Vorsitzende der Linken, Luka Mesec.

Die Linke will auch die Wahl des Chefs der Sozialdemokraten, Dejan Zidan, zum neuen Parlamentspräsidenten unterstützen. Laut Mesec hat sich die Partei auch verpflichtet, sich bei der Wahl der Regierung nicht querzustellen. In Slowenien wählt das Parlament nicht nur den Ministerpräsidenten, sondern danach in einem weiteren Votum auch die Regierung. Die einzelnen Ministerkandidaten müssen zuvor Hearings im Parlament absolvieren. Sarec wird sein Team auch mit Mesec abstimmen müssen.

Mit dem sogenannten "Protokoll über Zusammenarbeit" werden die Beziehungen zwischen der Regierungskoalition und der Linken, die mit ihr projektbezogen zusammenarbeiten wird, festgelegt. So wird sich die Minderheitsregierung u. a. mit der Linken auch in Budgetfragen abstimmen müssen. Gemeinsame Projekte werden auf jährlicher Basis fixiert, Koordinierungstreffen zwischen den Parteien sollen monatlich stattfinden.

Boykott gegen Wahlsieger Jansa

Sarec ist bei der Regierungsbildung zum Zug gekommen, weil der konservative Wahlsieger Janez Jansa von einer Mehrheit im slowenischen Parlament boykottiert wird. Jansa ist wegen Korruptionsaffären, aber auch seiner Nähe zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban umstritten. Jansas Demokratische Partei (SDS) hatte bei der Parlamentswahl am 3. Juni 25 Mandate erreicht, die LMS 13.

Der diplomierte Schauspieler Sarec, der im Jahr 2010 als Bürgermeister der nordslowenischen Stadt Kamnik in die Politik eingestiegen war, hatte im Vorjahr bei der Präsidentenwahl aufgezeigt. Einer großen Öffentlichkeit als Politikerimitator und Kabarettist bekannt, hatte er den favorisierten Amtsinhaber Borut Pahor mit markigen Reformansagen und einer Fundamentalkritik an dem politischen Establishment in eine Stichwahl gezwungen und beinahe besiegt.

Sarec entschied sich daraufhin zur Kandidatur bei der Parlamentswahl. Nachdem ihm im Wahlkampf politische Beliebigkeit und Unreife attestiert wurde, blieb er mit seiner Liste unter den Erwartungen, profitierte aber vom guten Abschneiden anderer liberaler und linker Parteien. Wird er zum Ministerpräsidenten gewählt, werden seinem Bündnis auch seine unmittelbaren Vorgänger angehören - Alenka Bratusek und Miro Cerar.

(APA)

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