Durchbruch für Visumfreiheit der Kosovaren

Berichterstatterin Tanja Fajon.
Berichterstatterin Tanja Fajon.(c) Tanja-Fajon.si
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Der Kosovo ist das letzte Land Südosteuropas, für dessen Bürger Visumpflicht bei der Einreise in die EU gilt. Es liegt nach sechseinhalb Jahren Verhandlungen nun bei den Mitgliedstaaten, sie abzuschaffen.

Brüssel. Das Europaparlament gab am Donnerstag grünes Licht für eine wichtige außenpolitische Weichenstellung. Mit klarer Mehrheit stimmte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres dafür, den Bürgern des Kosovo die visumfreie Einreise in die EU zu genehmigen. Bei der Plenarsitzung in Straßburg übernächste Woche wird nun formal beschlossen, dass das Parlament mit den Mitgliedstaaten über diese Visumliberalisierung verhandeln kann. Mit 30 Ja- zu zehn Neinstimmen und zwei Enthaltungen fiel die Entscheidung klar aus.

In der Sache gibt es nun zwischen Parlament und Rat wenig zu diskutieren. Denn die Europäische Kommission hat bereits vor einem Monat erklärt, dass die Regierung des Kosovo alle 95 Bedingungen erfüllt. Bis zuletzt waren zwei Punkte offen, nämlich die Anerkennung der Grenze mit Montenegro sowie die Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Bekämpfung der Korruption.

„Wenn es den politischen Willen gibt, kann das schnell vonstatten gehen“, sagte die zuständige Berichterstatterin des Ausschusses, die slowenische Sozialdemokratin Tanja Fajon, im Gespräch mit der „Presse“. Sie warnt vor den schwerwiegenden Folgen eines Scheiterns: „Wenn wir das nicht schaffen, obwohl wir es versprochen haben, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Und es gibt keine Ausrede mehr.“

Die frühere autonome Region Jugoslawiens, die sich nach einem Krieg mit Serbien im Jahr 2008 für unabhängig erklärt hat, ist der letzte Staat auf dem Westbalkan, für dessen Bürger noch immer die Visumpflicht für Reisen in die EU gehört. 2009 war die Visumpflicht für Mazedonier, Montenegriner und Serben abgeschafft worden, im Jahr darauf jene für Albaner sowie Bosnier und Herzegowiner. „Wir machen das für die jungen Leute und Familien, die sich bisher vor den Konsulaten anstellen müssen“, sagte Fajon. „Wer Geld und Einfluss hat, findet jetzt schon Wege, in die EU zu kommen.“

Im Rat gibt es Beobachtern zufolge derzeit eine knappe Zweidrittelmehrheit für die Visumliberalisierung; das würde das Gebot der qualifizierten Mehrheit erfüllen. Am stärksten ist der Widerstand in Frankreich, wo Albaner derzeit die höchste Anzahl an Asylwerbern stellen, sowie in den Niederlanden. Unklar ist auch, wie die neue italienische Regierung sich positioniert und welche Auswirkung die Wahlen in Schweden haben werden. Es ist zudem zu erwarten, dass der österreichische Ratsvorsitz die bayrische Landtagswahl abwartet, ehe sie den Punkt zur Abstimmung bringt. Die Visumfreiheit würde jedenfalls für bis zu dreimonatige Reisen innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums im Schengen-Raum gelten. (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2018)

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