Deutscher Verfassungsschutz-Präsident zweifelt an Informationen über Hetzjagden in Chemnitz

Hans-Georg Maaßen zweifelt an Informationen über Hetzjagden.
Hans-Georg Maaßen zweifelt an Informationen über Hetzjagden.(c) Imago (Metodi Popow)
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"Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken", sagt Hans-Georg Maaßen.

Der Präsident des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hat Zweifel an den Informationen über Hetzjagden während der Demonstrationen in Chemnitz geäußert. "Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden von mir geteilt", sagte Maaßen der "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe).

Dem Verfassungsschutz lägen "keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben". Zu dem Video, das Jagdszenen auf ausländische Menschen in Chemnitz zeigen soll, sagte Maaßen: "Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist."

"Gezielte Falschinformation"

"Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken", sagte der Verfassungsschutz-Präsident weiter.

Nach der Tötung eines 35-Jährigen in Chemnitz hatte es dort in den vergangenen Tagen mehrfach Kundgebungen rechter Gruppen gegeben. Dabei wurden auch Ausländer und Journalisten angegriffen. Zwei mutmaßlich aus Syrien und dem Irak stammende Männer sitzen wegen des Tötungsdelikts in Untersuchungshaft. Nach einem dritten Tatverdächtigen wird seit Dienstag gefahndet.

Merkel sprach von "Hetzjagd"

Den Begriff "Hetzjagd" hatte unter anderem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) benutzt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) widersprach ihr am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag. Das Geschehen in Chemnitz müsse richtig beschrieben werden, sagte er. "Klar ist: Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome."

Aus der SPD wurde Maaßen scharf kritisiert. "Wenn der Chef des Inlandsgeheimdienstes der Bundeskanzlerin öffentlich widerspricht, muss er für seine Behauptungen jetzt umgehend Beweise vorlegen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Und der Vizepräsident des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), erklärte, er habe kein Verständnis dafür, dass Maaßen Zweifel an den Hetzjagden während der rechtsgerichteten Demonstrationen in Chemnitz geäußert habe. "Der Verfassungsschutzpräsident sorgt im Augenblick für Verwirrung."  Es habe sichtbare Belege für ein solches Vorgehen gegeben. Unter anderem sei eine Gruppe von Sozialdemokraten von Hooligans angegriffen worden.

(APA/AFP)

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