Vereinte Nationen: Manege frei für Trump und UN-Zirkus

Der Helikopter „Marine One“ bringt Donald Trump nach New York. Der US-Präsident will bei der UN-Generalversammlung vor allem den Iran ins Visier nehmen.
Der Helikopter „Marine One“ bringt Donald Trump nach New York. Der US-Präsident will bei der UN-Generalversammlung vor allem den Iran ins Visier nehmen. (c) APA/AFP/MANDEL NGAN
  • Drucken

Bei der UN-Generalversammlung zeichnet sich ein Showdown zwischen dem Iran und den USA ab. Österreichs Staatsspitze umschmeichelt indessen afrikanische Länder.

New York. Schon in Brooklyn blinken Warntafeln. Auf New Yorks Straßen geht es noch langsamer voran als sonst. Die UN-Woche hat begonnen. Präsidenten, Premiers und Außenminister aus mehr als 190 Staaten der Welt strömen mitsamt ihren Delegationen nach Manhattan zur großen Diplomatenmesse der Vereinten Nationen: der 73. Generalversammlung. Ab heute wird einer nach dem anderen das Wort ergreifen, eine schier unendliche Abfolge von Reden.

Als vierter in der Reihe kommt Donald Trump dran. Im vergangenen Jahr drohte er dem „kleinen Raketenmann“ in Nordkorea mit der totalen nuklearen Vernichtung. Zwölf Monate und ein Gipfeltreffen in Singapur später befürchten die Berater des US-Präsidenten, ihr Boss könnte es übertreiben mit überschwänglichem Lob für den Diktator in Pjöngjang. Trump ist kein Freund der UNO und des Multilateralismus, für ihn kommt Amerika immer „first“. Trotzdem wird er heuer vier Tage lang in New York dabei sein.

Kampf gegen Drogen

Die große Manege im UNO-Zirkus lässt sich der Aufmerksamkeitsheischer nicht entgehen. Am gestrigen Montag wollte er bei einer Veranstaltung, zu der er auch UN-Generalsekretär António Guterres mit dem sanften Druck des nach wie vor größten Beitragszahlers nötigte, den Drogen den Kampf ansagen. Das kann er angesichts der Opioidkrise in den USA innenpolitisch vor der Kongresswahl brauchen. Am Abend dann wollte er beim traditionellen Empfang im New York Plaza den internationalen Zampano geben, der fotowirksam die Hände unzähliger Staatsoberhäupter schüttelt, auch jene von Österreichs Bundespräsidenten, Alexander Van der Bellen.

Am Dienstag dann Trumps Rede, der das Diplomatische Corps mit schreckgeweiteten Augen entgegensieht. Eine zweite Gelegenheit für eine Frontalattacke gegen den Iran wird sich dann tags darauf eröffnen, wenn Trump eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema Nichtverbreitung von Atomwaffen leitet. Der Iran, so erwarten Diplomaten in New York, wird das beherrschende Thema bei der Vollversammlung sein. Der jüngste Anschlag auf eine Militärparade, für den das Regime die USA mitverantwortlich macht, steigert die Brisanz nur noch.

Österreichs Bundespräsident Van der Bellen und Bundeskanzler Kurz trafen in New York mit Kenias Präsidenten Uhuru Kenyatta zusammen.
Österreichs Bundespräsident Van der Bellen und Bundeskanzler Kurz trafen in New York mit Kenias Präsidenten Uhuru Kenyatta zusammen. (c) APA/ROLAND SCHLAGER

Druck auf Teheran

Im November wollen die Amerikaner eine zweite Sanktionenwelle gegen den Mullah-Staat vom Stapel lassen und den Handel mit Öl unterbinden. Es wäre wohl der Todesstoß für das Atomabkommen, aus dem sich Trump im Frühjahr zum Entsetzen der anderen Unterzeichnerstaaten (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland, China, Deutschland) verabschiedete. Und was dann? Die USA wollen die islamische Republik finanziell in die Knie und – ganz im Sinne Israels und Saudiarabiens – zu einem Rückzug aus Syrien, Jemen und dem Libanon zwingen. Doch der Iran droht mit einer Sperre der Straße von Hormus, einem Nadelöhr im weltweiten Ölverkehr. Alles steuert auf eine Frontalkollision zu.

Wird Trump, der Disruptor, die Welt noch mehr durcheinanderwirbeln als bisher? Oder begnügt er sich diesmal mit Eigenlob für seine „außenpolitischen Erfolge“, die er angeblich vor den Vereinten Nationen anpreisen will? Im Auditorium des UN-Hauptquartiers wird ihm am Dienstag die angereiste österreichische Staatsspitze geschlossen lauschen: Bundespräsident Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl.

Konzentrieren aber wird sich das Trio in New York diesmal auf einen Kontinent, den man den vergessenen nennt. Kurz und Van der Bellen werden am Rande der Vollversammlung gleich mehrere afrikanische Präsidenten treffen: Paul Kagame aus Ruanda, Uhuru Kenyatta aus Kenia, Nana Addo Dankwa Akufo-Addo aus Ghana, Cyril Ramaphosa aus Südafrika, Adama Barrow aus Gambia und: Ibrahim Boubacar Keïta aus Mali.

Der Reigen dient der Vorbereitung für einen EU-Afrika-Gipfel, zu dem der EU-Ratsvorsitzende Kurz und der derzeitige Vorsitzende der Afrikanischen Union, Paul Kagame, für den 18. Dezember gemeinsam nach Wien bitten. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben ihre Teilnahme bereits zugesagt. Diesmal soll es nicht nur um Eindämmung von Migration gehen, sondern auch um Investitionen. Die EU hinkt dabei China hinterher, das Afrika neulich 60 Milliarden Dollar für die kommenden drei Jahre versprochen hat. Doch auch Europa bringt auf dem Nachbarkontinent wirtschaftliches Gewicht auf die Waage. Im laufenden Finanzrahmen der EU schlummern, samt Hebelwirkung, 33 Milliarden Euro allein für die Subsahara.

Gleich nach seiner Landung in New York raste Kurz zu einer Unterredung mit dem ägyptischen Staatschef, Abdel Fattah al-Sisi. Ein Folgetreffen. Der Bundeskanzler hatte ihn erst in der Vorwoche in Kairo getroffen. Diesmal saß auch EU-Ratspräsident Donald Tusk am Tisch. Gemeinsam streben sie ein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten an – nach dem türkischen Vorbild. Es nimmt Gestalt an.

Gespräche zu Syrien

Die Dritte im rot-weiß-roten Bund hat das dichteste Programm, und sie wird auch am längsten bleiben. Außenministerin Karin Kneissl wird ihre Rede erst am Samstag halten – in mehreren Sprachen. In Treffen mit ihren Amtskollegen aus Indien, Brasilien und Bangladesch will sie baldige Besuche in diesen Ländern vorbereiten. Viele ihrer Gespräche mit Außenministern aus dem Nahen Osten, auch aus dem Iran, werden um Syrien kreisen. Den UN-Beauftragten Staffan de Mistura wird sie in New York gleich zwei Mal sehen. Kneissl sieht in Syrien derzeit nur ein Betätigungsfeld für die Europäer: im humanitären Bereich, um die Rückkehr von Flüchtlingen zu ermöglich. Sonst ist sie ganz Realpolitikerin: Militärpolitisch geben andere den Ton vor. Russland, Iran, mit Abstrichen die Türkei.

Höhepunkt soll eine Unterredung mit US-Außenminister Mike Pompeo vor oder nach dem traditionellen Transatlantic Dinner am Dienstag sein, zu dem die USA fast vier Dutzend Chefdiplomaten aus Europa laden. Kneissl drängte stark auf einen Termin. Nach der Aufregung um den Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist ihr die Tuchfühlung mit den einigermaßen verwunderten Amerikanern besonders wichtig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bundespräsident Alexander von der Bellen.
Außenpolitik

Van der Bellen sieht Iran-Krieg heraufdämmern

Österreichs Bundespräsident ist nach Donald Trumps Rede vor der UNO alarmiert. Die Wortwahl erwecke den Eindruck, dass der US-Präsident einen Krieg gegen Iran ins Auge fasse.
Donald Trump bei seiner Rede bei der UNO-Vollversammlung in New York.
Außenpolitik

Trumps Rundumschlag vor der UNO

Generalversammlung. Der US-Präsident legte ein Bekenntnis zum Nationalismus ab, lobte sich sowie Nordkoreas Diktator Kim und kündigte neue Sanktionen gegen den Iran und Venezuela an.
Hassan Rohani vor seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung.
Außenpolitik

UNO-Vollversammlung: Irans Präsident rechnet mit Trump-Regierung ab

US-Präsident handele "abnormal", urteilt der iranische Präsident Rohani. Zugleich machte er den USA ein Verhandlungsangebot.
Michael Bloomberg.
Außenpolitik

New Yorker Bühne für Bloomberg

Ex-Bürgermeister erwägt Präsidentschaftskandidatur.
Donald Trump erntete auch Gelächter für seine Leistungsbilanz, insgesamt war es eine für Trump-Verhältnisse ruhige Rede.
Außenpolitik

Trump prahlt bei UN-Versammlung und attackiert den Iran

Im Vorjahr hatte der US-Präsident Nordkorea mit der Vernichtung gedroht, heuer war auch der Iran Ziel von Verbalattacken. Für die Prahlerei mit seinen Leistungen erntete er auch Gelächter.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.