Trumps Rundumschlag vor der UNO

Donald Trump bei seiner Rede bei der UNO-Vollversammlung in New York.
Donald Trump bei seiner Rede bei der UNO-Vollversammlung in New York.APA/AFP/GETTY IMAGES/SPENCER PLA
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Generalversammlung. Der US-Präsident legte ein Bekenntnis zum Nationalismus ab, lobte sich sowie Nordkoreas Diktator Kim und kündigte neue Sanktionen gegen den Iran und Venezuela an.

New York. So viel Eigenlob ist den anwesenden Staatschefs dann doch schon nach wenigen Sekunden zu viel. Sie lachen, als der mächtige Mann auf dem Marmorpodium zu Beginn seiner Rede vor der UN-Generalversammlung erklärt, dass in der Geschichte Amerikas noch keine Regierung innen- und außenpolitisch so erfolgreich gewesen sei wie seine.

Doch Donald Trump lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. „Ich habe diese Reaktion nicht erwartet. Aber okay“, sagt der US-Präsident und fährt ungeniert fort mit seiner „Erfolgsstory“, die Amerika stärker, sicherer und reicher gemacht habe. Doch das Lachen wird den Spitzenpolitikern im Saal noch vergehen.

Unbeirrt legt Trump sein Weltbild dar. „Wir lehnen die Ideologie der Globalisierung ab, lasst uns eine Zukunft des Patriotismus wählen“, ruft er im Herzen der UN, die für Multilateralismus, für Zusammenarbeit und nicht für Alleingänge von Nationen stehen. „Die USA werden euch nicht sagen, wie ihr leben sollt, wir bitten euch nur, unsere Souveränität zu respektieren.“

Dank für Kims „Mut“

Spricht hier der Führer der freien Welt? Trump bedankt sich beim nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un für dessen Mut. Seit seinem Friedensgipfel mit dem „Vorsitzenden“ flögen keine Raketen mehr umher auf der koreanischen Halbinsel, es gebe keine Atomtests mehr, US-Geiseln seien frei. Die Sanktionen jedoch, sagt Trump, würden aufrecht bleiben, bis Nordkorea sein Atomwaffenprogramm aufgegeben habe.
Mit dem Iran gibt es schon lange ein Atomabkommen. Doch Trump ist im Frühjahr aus dem „schrecklichen Deal“ ausgestiegen. Er geißelt vor der Vollversammlung das „brutale und korrupte“ Regime in Teheran, das den Nukleardeal genutzt habe, um sein Militär zu stärken, Tod und Zerstörung in Syrien und dem Jemen zu säen und um Terroristen zu finanzieren. Trump kündigt für 5. November weitere Sanktionen gegen den Iran an. Er will den Handel mit Öl unterbinden, um die iranische Regierung in die Knie zu zwingen. Irans Präsident Rohani rechnete wenige Stunden in seiner Rede wiederum später mit Trump ab.

Trump appelliert an alle Staatenvertreter im Auditorium, den Iran zu isolieren. Diplomatisch freilich sind die Amerikaner derzeit isoliert. Am Vorabend hatte sich die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, mit allen übrigen Unterzeichnern des Atomdeals (Russland, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien) verständigt, die US-Strafmaßnahmen nach Möglichkeit zu umgehen.

Breitseite gegen China

Auch gegen China schlägt Trump los. Der Handel müsse frei und fair sein. Die USA ließen sich nicht mehr ausnützen. Peking missbrauche die Welthandelsorganisation. Das System müsse dringend geändert werden. Bahnt sich eine neue Runde im Handelskrieg an?

Fast alle bekommen ihr Fett ab, auch die Organisation Erdölexportierender Staaten (Opec). „Wir sorgen für ihren Schutz. Sie müssen ihre Preise senken“, sagt er. Deutschland wirft er vor, sich komplett abhängig zu machen von russischen Energielieferungen. Der deutsche Außenminister, Heiko Maas, schüttelt nur den Kopf.
Hart ins Gericht geht Trump mit Venezuela. Er verkündet neue Sanktionen. Sie sollen Präsident Nicolás Maduro und seinen innersten Kreis treffen.

Doch der US-Präsident findet auch lobende Worte. Für alle, die ihm artig folgen. Die Golfstaaten sind darunter, auch Israel, Ägypten und Polen. Und immer wieder trompetet Trump seine Botschaft: Die Zukunft gehöre den Nationen. Er vertritt genau, das Gegenteil, was eine Stunde zuvor Antonio Guterres gepredigt hatte. Der UN-Generalsekretär hielt ein flammendes Plädoyer für Multilateralismus. Die Weltordnung sei zunehmend chaotisch, diagnostizierte Guterres, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen.

Er blickte sorgenvoll zurück: Vor mehr als 100 Jahren habe es auch eine multipolare Welt gegeben, aber ohne multilateralen Rahmen. Resultat sei der Erste Weltkrieg gewesen. Leidenschaftlich appellierte der Portugiese an die Regierungschefs, endlich entschlossene Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu setzen. Der unübersehbare Klimawandel stelle eine existenzielle Gefahr dar. „Unsere Zukunft steht auf dem Spiel.“ Die Welt habe nur noch zwei Jahre Zeit, den Kurs zu ändern, die Folgen des Nichthandelns wären desaströs für den Planeten.
Für September 2019 berief Guterres einen Klima-Gipfel in der UNO ein. Davor noch müsse die UN-Klimakonferenz in Kattowitz Anfang Dezember ein Erfolg sein.

Van der Bellens Ratschlag

Trump indes verhöhnt die UNO, kündigt Geldkürzungen für friedenserhaltende Operationen an, verteidigt den US-Austritt aus dem Menschenrechtsrat, attackiert den Internationalen Strafgerichtshof.
Die großen Probleme der Welt seien nur gemeinsam zu lösen, hatte ihm Österreichs Bundespräsident, Alexander van der Bellen, am Vorabend bei einem Empfang im Palace Hotel zugeraunt. Trump hat nicht darauf gehört. Er hört auf niemanden. Nur auf sich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2018)

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