Berichte von Unregelmäßigkeiten bei Wahlen in Bosnien

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Gut die Hälfte der Wahlberechtigten hat an der Präsidenten- und Parlamentswahl teilgenommen. Selbst mehrere Stunden nach Ende des Votums bleibt die Behörde Ergebnisse schuldig.

An der Präsidenten- und Parlamentswahl in Bosnien-Herzegowina hat am Sonntag gut die Hälfte der 3,4 Millionen Wahlberechtigten teilgenommen. Obwohl nur rund 1,7 Millionen Stimmzettel auszuzählen waren, blieb die staatliche Wahlkommission auch 14 Stunden nach Wahlschluss am Montagvormittag immer noch die meisten Ergebnisse schuldig.

Auf der anderen Seite berichteten Medien und Politiker von zahlreichen Unregelmäßigen bei der Wahl am Sonntag. In den letzten beiden Tagen vor der Abstimmung seien tausende Mitglieder lokaler Wahlkommissionen zurückgetreten. Beschäftigte in Staatsbetrieben und öffentlicher Verwaltung seien unter Druck gesetzt und kontrolliert worden, dass sie ihr Kreuzchen hinter der richtigen Partei machen. So berichteten Beteiligte, weit über 100 Professoren und Assistenten der Universität in Mostar hätten eine Unterstützungserklärung für den kroatischen Spitzenpolitiker Dragan Covic unterschreiben müssen.

Große Zweifel erweckt auch das Wählerverzeichnis: Bei einer Einwohnerzahl von 3,5 Millionen waren knapp 3,4 Millionen Bürger stimmberechtigt. Am späten Abend berichtete ein Mann ausgerechnet im Presseraum der Wahlkommission, seine vor elf Jahren gestorbene Mutter besitze bis heute das Wahlrecht. Die Wahlkommission stelle sich seit Jahren taub auf seine entsprechenden Eingaben.

Wahlausgang gilt als richtungsweisend

Der Wahlausgang galt als richtungsweisend dafür, ob sich das Land weiter in Richtung EU und Nato bewegt oder ob die Spannungen zwischen den Volksgruppen wieder zunehmen. Nach dem Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995, bei dem es 100.000 Tote gab, wurde als Ausgleich zwischen den Volksgruppen eine komplexe Regierungsstruktur vereinbart. Doch die politischen Lager blockieren sich oft gegenseitig, und Vetternwirtschaft ist weit verbreitet. Aus Frust darüber haben in den vergangenen fünf Jahren 170.000 junge Bosnier ihre Heimat verlassen.

(APA/dpa)

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