Söders Katastrophenhilfe aus dem Kanzleramt

CSU-Wahlkampf-Abschlusskundgebung
CSU-Wahlkampf-AbschlusskundgebungAPA/dpa/Sven Hoppe
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Ausgerechnet eine Umfrage gibt Markus Söder noch Hoffnung. Der Ministerpräsident will die letzten Unentschlossenen von der CSU überzeugen: am Morgen mit „Söder-Water“, am Abend mit Sebastian Kurz.

München. Es gab nur wenige Momente, in denen sich Markus Söder in den vergangenen Monaten überlegen fühlen durfte. Der bayrische Ministerpräsident muss seit dem Sommer zusehen, wie seine CSU in Umfragen immer weiter abstürzt. Wenn ihn aber ein Österreicher darauf anspricht, sieht er endlich die Gelegenheit für eine süffisante Bemerkung gekommen: Die CSU könnte am kommenden Wahlsonntag nur 34 Prozent der Stimmen bekommen? Mag schon sein, sagte Söder unlängst im ORF. Aber in Wien wäre jede Partei froh über ein solches Ergebnis.
Stimmt. Paradoxerweise lädt Söder zu seinem vielleicht wichtigsten Wahlkampftermin, dem Abschluss seiner Kampagne am Freitagabend im Münchner Löwenbräuhaus, einen Österreicher als Hauptgast ein: Bundeskanzler Sebastian Kurz. Bei der Nationalratswahl 2017 holte der ÖVP-Chef rund 31,5 Prozent. Da müsse man in München schon noch „eine Schippe drauflegen“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume bei seiner Begrüßungsrede.



Trotzdem soll Kurz den Christsozialen in Bayern Katastrophenhilfe bieten. Die Katastrophe, das wäre, wenn sich am 14. Oktober die Umfragen bewahrheiten würden und die CSU nicht einmal annähernd 40 Prozent erreicht. Kurz ist konservativ, verfolgt eine strikte Asylpolitik und erzählt oft und gern, dass er die sogenannte Balkanroute geschlossen hat – auch in München wieder. Die Menge jubelt, „hört sich fast nach einem Heimspiel an“, kommentiert Blume. Tatsächlich kriegt der österreichische Kanzler zu Beginn mehr Applaus als der Ministerpräsident. „Danke, dass du gezeigt hat, dass man als moderner Konservativer heute Wahlen gewinnen kann“, wird Söder später sagen.

Nur ein Mal ist Merkel dabei

Kurz ist der Regierungschef, den sich die CSU in Berlin wünschen würde. Auch wenn es die Partei nicht mehr so deutlich formuliert, wie sie es noch vor Monaten getan hatte. „Zu meiner Abschlusskundgebung kommt keine Bundeskanzlerin“, soll Söder im Juni laut „Welt“ gesagt haben. Nur ein Mal ließ er sich mit Angela Merkel blicken – bei einem Europaforum.
Von Berlin will Söder auch am Freitag nichts hören. Höchstens wenn er davon spricht, was in München besser läuft. Die letzten Stunden vor der Wahl könnten für den Ministerpräsidenten entscheidend sein. Es gibt ausnahmsweise eine Umfrage, die ihm Hoffnung gibt: Laut einer Erhebung des GMS-Instituts für Sat.1 Bayern weiß jeder Zweite noch nicht, ob und wen er wählen soll. Die Unentschlossenen waren bisher eine von Söders größten Sorgen – nun sind sie seine letzte Chance. Also versucht er am Freitagabend noch einmal daran zu erinnern, was alles in Bayern gut läuft – die Wirtschaft, die Sicherheit zum Beispiel. Diese Erfolge „sind kein Zufall – sie sind von uns geprägt“. Das erzählt Söder auch am Morgen dieses Tages, bei einem Bio-Bauernmarkt im Münchner Stadtteil Solln. Falls irgendjemand einen Zweifel daran haben sollte, wer hier gerade an den Brot- und Gemüseständen vorbeigeht: Der Ministerpräsident verteilt Sackerln, auf denen 19 Mal sein Name steht, darin steckt unter anderem ein „Söder-Water“.

Einige Passanten winken ab, sie haben schon längst das Wahlkampfgeschenk daheim herumliegen. Man kann tatsächlich nicht behaupten, dass sich Söder keine Mühe gibt: Es ist der letzte Stopp seiner langen Tour. 250.000 Menschen soll er laut seinen Mitarbeitern insgesamt erreicht haben. Das reicht allerdings nicht. Er muss sie auch von sich überzeugen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2018)

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