Hubert Aiwanger könnte die Partei erstmals in die bayerische Landesregierung führen - und Vize-Regierungschef werden.
Wien/München. Im randvoll gefüllten Holzstadel am Gillamoos, dem Volksfest in Abensberg, ist Hubert Aiwanger der Applaus seiner Anhänger sicher. Der 47-jährige Chef der Freien Wähler (FW) beherrscht die freie Rede wie einst Franz Josef Strauß, und der Agraringenieur und Nebenerwerbslandwirt schreckt im breiten Dialekt seiner niederbayerischen Heimat auch nicht vor derben Witzen zurück. Er poltert und feixt, ein Populist, der sein Publikum in den ländlichen Regionen im Griff hat. Bei einer Kundgebung auf dem Marienplatz in München freilich wirkt er, als wäre er ein wenig fehl am Platz.
Aiwanger ist eine One-Man-Show als Spitzenkandidat, Partei- und Fraktionschef. Obendrein sitzt er auch noch im Stadtrat von Rottenburg an der Laaber und im Kreisrat in Landshut. Dabei war die Partei alles andere als glücklich, als er sich 2006 in einer Kampfabstimmung durchgesetzt hat. Vor zehn Jahren schaffte er mit seinen Freien Wählern erstmals den Einzug ins Maximilianeum, den bayerischen Landtag. Dies kostete die CSU damals die absolute Mehrheit.
Diesmal errang er mit den Freien Wählern ersten Hochrechnungen zufolge 11,5 Prozent. Das ist so gut wie nie und könnte auch reichen, um den Christsozialen in einer Zweierkoalition den Machterhalt zu sichern. Die Freien Wähler wären Wunschpartner für eine Koalition – zumal sie der CSU viel näher sind als die Grünen. Und zu Dritt mit der FDP? Die Liberalen mussten um den Einzug in den Landtag bangen.
„Gesunder Menschenverstand“
Für die CSU sind die Freien Wähler Fleisch vom eigenen Fleisch, von ihr hämisch als „Freibierpartei“ punziert. Ihre Mitglieder rekrutieren sich gern aus CSU-Abtrünnigen, oftmals auch Querulanten, die sich gegen die Allmacht der Christsozialen stemmen. „Wir sind nicht links, wir sind nicht rechts“, lautet das Credo Aiwangers, der sich als konservativer Pragmatiker versteht: restriktiv in der Flüchtlingspolitik, gegen eine dritte Startbahn auf dem Münchner Flughafen und für Brauchtum. Im Wahlkampf plakatierte die FW landauf, landab, sie sei die Partei des „gesunden Menschenverstands“. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2018)