Anschläge vor Wahl: Schon zehn afghanische Abgeordnete ermordet

Die Kandidaten und Abgeordneten des afghanischen Parlaments leben gefährlich.
Die Kandidaten und Abgeordneten des afghanischen Parlaments leben gefährlich.APA/AFP/WAKIL KOHSAR
  • Drucken

In Afghanistan wird am Samstag ein neues Parlament gewählt. Die Kandidaten und Abgeordneten leben gefährlich, denn die Taliban bekämpfen die Wahl mit Gewalt.

Vor der Parlamentswahl in Afghanistan am Samstag nehmen die tödlichen Anschläge zu. In der Provinz Helmand wurde am Mittwoch der Abgeordnete Abdul Jabar Kachraman durch eine Bombe getötet, die unter seinem Bürostuhl platziert war. Drei weitere Menschen, die sich in dem Zimmer aufhielten, kamen nach Angaben des Innenministers ebenfalls ums Leben.

Zu dem Anschlag bekannten sich die radikal-islamischen Taliban. Kachraman ist bereits der zehnte Abgeordnete, der in den vergangenen zwei Monaten ermordet wurde. Zwei weitere Parlamentarier wurden von Islamisten entführt und vier verletzt. Präsident Ashraf Ghani verurteilte die Gewalt. "Solch brutale Taten der Terroristen und ihrer Unterstützer können das Vertrauen des Volkes in friedliche und demokratische Prozesse nicht zerstören", erklärte er.

Taliban fordern zu Boykott auf

Die Taliban haben die Afghanen aufgefordert, die seit langem verzögerte Wahl zu boykottieren. Stattdessen fordern sie den Sturz der vom Westen unterstützten Regierung in Kabul und die Errichtung eines Gottesstaats.

Vergangene Woche waren bei einem Bombenanschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung in der nordafghanischen Provinz Tachar mindestens 22 Menschen getötet worden. Hunderte Schaulustige hatten sich dort versammelt, um einen Auftritt der Kandidatin Nasifa Jusufi Bek zu verfolgen. Der Sprengstoff war nach Angaben der Behörden auf einem Motorrad in der Nähe der Kundgebung deponiert. Die Politikerin war zum Zeitpunkt des Anschlags noch nicht vor Ort. Bek zählt zu einer von 417 Frauen, rund 16 Prozent aller Kandidaten, die dieses Mal zur Wahl antreten.

Wenige Kandidatinnen

Erneut treten in Afghanistan verhältnismäßig wenig Frauen zur Parlamentswahl an. Die Zahl liegt nur geringfügig über der Zahl der Kandidatinnen, die bei der vergangenen Parlamentswahl im Jahr 2010 angetreten waren. Damals bewarben sich 408 Frauen auf die 250 Sitze in der Wolesi Jirga (Haus des Volkes). Beobachter zeigen sich enttäuscht darüber, dass ungeachtet millionenschwerer Investitionen in Frauenprogramme in dem erzkonservativen Land die Beteiligung weiter niedrig ist. Frauenrechtsaktivistinnen geben die schlechte Sicherheitslage, weiterhin vorherrschende "falsche" Traditionen und kulturelle Einschränkungen als Gründe an, warum nicht mehr Frauen kandidieren.

Laut Verfassung sind 68 Sitze im Parlament für Frauen reserviert. Dem aktuellen Parlament dienen 69 Parlamentarierinnen - Farida Hamidi aus der südwestlichen Provinz Nimruz hatte 2010 als einzige Frau einen Sitz ohne Quote gewinnen können. Kandidatinnen beschwerten sich in den vergangenen Wochen, dass es im Wahlkampf keine Chancengleichheit gegeben habe.

Deutsche Hubschrauber unter Beschuss

Die deutsche Bundeswehr hat weiter rund 1100 Soldaten in Afghanistan stationiert, die meisten von ihnen in Mazar-e-Sharif im Norden des Landes. Sie leisten dort noch Ausbildung und Beratung, der Nato-Kampfeinsatz dagegen ist seit 2014 beendet. Am Dienstag wurde ein deutscher Hubschrauber nach Bundeswehrangaben auf dem Flug von Mazar-e-Sharif nach Kunduz mit Handfeuerwaffen beschossen. Die Soldaten an Bord hätten das Feuer erwidert, erklärte das Einsatzführungskommando in Potsdam. Die deutschen Soldaten seien unverletzt geblieben.

APA

(APA/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.