Spannung wegen teurer Amnestie für Steuersünder in Italiens Regierung

Di Maio und Salvini
Di Maio und SalviniREUTERS
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Chaos in Rom um Haushaltsentwurf, den Brüssel ablehnen will. Fünf-Sterne-Bewegung dementiert Zustimmung zu Steueramnestie

Nach dem deutlichen Nein aus Brüssel zu den hohen Ausgabenplänen, wächst das Chaos und die Spannung innerhalb der italienischen Regierung in Rom: Nach heftiger Kritik an einer Amnestie für Steuersünder weist die regierende Fünf-Sterne-Bewegung jede Verantwortung von sich. Das Steuerpaket sei Staatspräsidenten Sergio Mattarella in einer "manipulierten" Version vorlegt worden, sagte Vizepremier Luigi Di Maio nach Medienangaben vom Donnerstag.

Der Regierungsentwurf beinhaltet eine Amnestie für Steuersünder, die ihr Kapital ins Ausland gebracht haben, ohne es zu versteuern. Dieser Steueramnestie habe seine Fünf-Sterne-Bewegung nie zugestimmt, sie sei nicht im Haushaltsentwurf enthalten gewesen, den der Ministerrat am Montagabend verabschiedet hatte, sagte Di Maio. Er kündigte an, wegen des Vorfalls Klage einzureichen. Das Präsidentschaftsbüro dementierte unterdessen, dass dem Staatsoberhaupt bisher ein Steuerdekret vorgelegt worden sei.

"Wir arbeiten Tag und Nacht"

Der Koalitionspartner Lega wies die Manipulationsvorwürfe zurück. "Wir sind loyale Personen und manipulieren keine Steuerpakete. Wir arbeiten Tag und Nacht, um den Steuerdruck zu senken und das Pensionssystem zu reformieren", sagte ein Lega-Sprecher.

Kritik hagelte es von der sozialdemokratischen Opposition. Di Maio sei ein "verzweifelter Mann", der zu spät festgestellt habe, dass er einer Amnestie für Steuersünder Grünes Licht gegeben habe, so Ex-Premier Matteo Renzi.

Die Regierungsparteien hatten sich am Montag auf einen sogenannten "Steuerfrieden" für jene geeinigt, die in den vergangenen Jahren Einkommen nicht deklariert hatten oder die geforderten Steuerbeträge nicht bezahlen konnten. Letztere sollen laut der Regierung durch die Begleichung eines Teils der Schulden künftig ihre Position sanieren können. Mit dieser Maßnahme hofft die Regierung zusätzliche Gelder einzutreiben, um ihr kostspieliges Wirtschaftsprogramm zu finanzieren.

Di Maios Worte bringen Premier Giuseppe Conte, der zurzeit mit dem EU-Gipfel in Brüssel beschäftigt ist, in Verlegenheit. Conte betonte, bei seiner Rückkehr nach Rom am Freitag werde er das Steuerpaket "Punkt für Punkt" prüfen und die richtige Version an Präsident Mattarella senden.

Kein Einlenken bei Budget

Die italienische Regierung bekräftigte indes, dass sie  im Streit mit der EU um die geplante Neuverschuldung nicht einlenken werde. Er sehe "keinen Spielraum" für Änderungen am Haushaltsentwurf seiner Regierung, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte beim EU-Gipfel am Mittwochabend in Brüssel. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger erklärte, er halte Italiens Haushaltsplan für "nicht vereinbar" mit den EU-Regeln.

Italien werde auf die Kritik der EU-Kommission antworten und hoffe dabei auf einen "konstruktiven Dialog", sagte Conte. Das Budget zielt nach seinen Angaben auf eine "Trendwende" in Italiens Haushaltspolitik ab: Diese setze auf "Wachstum im Interesse des Landes".

Auch Italiens Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei bekräftigte den Willen seiner Regierung, an dem Haushaltsplan festzuhalten. "Wir werden ihn nicht ändern", sagte er bei einem Besuch in Moskau. Er richtete einen Appell an "Brüssel, Berlin und Frankreich", sich nicht in die inneren Angelegenheiten Italiens einzumischen.

Contes von populistischen Parteien getragene Regierung geht mit dem Etatentwurf auf Konfrontationskurs gegenüber Brüssel: Er beinhaltet eine weitaus höhere Neuverschuldung, als mit Brüssel vereinbart war.

Für das kommende Jahr sieht der am Montag in Rom verabschiedete Entwurf ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vor - deutlich mehr als die von der Vorgängerregierung versprochenen 0,8 Prozent. 2020 beträgt das Defizit demnach 2,1 Prozent, im Jahr 2021 liegt es der Planung zufolge bei 1,8 Prozent. Brüssel wird vermutlich auf Nachbesserungen drängen.

(APA/ red.)

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