Wie ein Salzburger Offizier jahrelang für Moskau spionierte

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Der Österreicher soll für die Spionagetätigkeiten für einen russischen Nachrichtendienst laut "Presse"-Informationen 300.000 Euro kassiert haben. Für Kanzler Kurz ein "inakzeptables" Vorgehen. Außenministerin Kneissl sagt ihren Russland-Besuch ab.

Ein Spionagefall eines Bundesheerbediensteten sorgt für Verstimmungen in den diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Russland. Ein mittlerweile pensionierter Offizier aus Salzburg soll seit den 90er-Jahren bis 2018 mit einem russischen Nachrichtendienst zusammengearbeitet und ihn unterstützt haben, gaben Kanzler Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Mario Kunasek bei einer kurzen Pressekonferenz im Marmorecksalon des Bundeskanzleramts am Freitag bekannt.

Er soll dafür über die Jahre 300.000 Euro erhalten haben, hieß es aus dem Verteidigungsministerium gegenüber der "Presse". Außenministerin Karin Kneissl sagt daher ihren für Dezember geplanten Russland-Besuch ab, gab Kurz bekannt. Sie habe den russischen Geschäftsträger in Österreich zu sich ins Außenministerium zitiert. In Moskau hingegen zitierte das Außenministerium aufgrund der Causa den österreichischen Botschafter ins Haus, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte dazu: "Wir werden beschuldigt und es gibt Aufforderungen, dass wir uns für eine Sache entschuldigen, von der wir nichts wissen."

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Lawrow gab sich "unangenehm überrascht" über die Vorwürfe aus Wien. Moskau werde Österreichs Botschafter Johannes Eigner erklären, wie Wien sich verhalten sollte, wenn es Fragen an Russland hat, zitierten russische Nachrichtenagenturen weiter. Lawrow beklagte, "dass Österreich eine "Megafon-Diplomatie" verwendet habe, statt sich in diesen Fragen direkt an Moskau zu wenden.

Freitag früh hatte die Bundesregierung in Wien mitgeteilt, dass ein mittlerweile pensionierter Bundesheer-Oberst seit den 1990er Jahren für Russland spioniert haben soll. In jüngster Zeit hatte es aus mehreren Ländern Vorwürfe von Cyberattacken und Spionage gegen Russland gegeben. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.

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"Das Verhältnis zwischen Russland und der EU wird dadurch nicht verbessert", sagte Kanzler Kurz im Rahmen der zehnminütigen Stellungnahme. "Spionage ist inakzeptabel. Auch russische Spionage ist inakzeptabel". Er gehe davon aus, dass sich der Verdacht bestätigen werde. Auf die Frage, ob daran gedacht werde, russische Diplomaten aus Österreich auszuweisen, meinte er: "Wir werden das weitere Vorgehen mit unseren europäischen Partnern besprechen."

Informationsaustausch über einfaches Radio

"Der Fall zeigt, dass auch nach Ende des Kalten Krieges wir unsere Sicherheitsnetz innerhalb Österreichs noch enger schnüren müssen", sagte Verteidigungsminister Kunasek. Fälle wie diese könne man nie zu hundert Prozent ausschließen. Man habe einen Laptop sicher stellen können, sagte Kunasek. Die Justiz habe Ermittlungen eingeleitet.

Der Tipp sei von einem befreundeten Nachrichtendienst gekommen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium gegenüber der "Presse". Daraufhin sei der Salzburger überwacht und später mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Er habe ein umfassendes Geständnis abgelegt und alles zugegeben.

Die Russen hätten ihm technische Ausrüstung zur Verfügung gestellt, über die der Austausch von Informationen erfolgt sei. Ein Kommunikationsweg dürfte ein simpler Weltempfänger gewesen sein. Über dieses Radio soll der Spion mit seinen Auftraggebern kodierte Informationen ausgetauscht haben.

Stimmungsbilder aus dem Bundesheer

Nach erster Einschätzung des Bundesheers gab der Verdächtige keine streng geheimen Informationen weiter. Er habe jedoch allgemein zugängliche Nachrichten aus dem Intranet des Heeres und aus seinem unmittelbaren Arbeitsbereich geliefert - unter anderem Stimmungsbilder aus dem Bundesheer, also auch über die Gefühlslage gegenüber dem Verteidigungsminister. Es wurde bei der Staatsanwaltschaft Salzburg Anzeige erstattet. Die Ermittlungen beim Bundesheer laufen noch weiter.

(d.n./cu/me)

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