China will seine Macht in Südostasien zementieren

 Das heurige Treffen der Südostasien-Gemeinschaft Asean öffnet ein Fenster in die Zukunft.
Das heurige Treffen der Südostasien-Gemeinschaft Asean öffnet ein Fenster in die Zukunft.imago/Russian Look
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Die Südostasien-Gemeinschaft ist weiterhin uneinig im Territorialstreit mit China, sogar der US-Verbündete Manila geht auf Peking zu. China will bei Apec-Gipfel offenbar für Ausweitung der Seidenstraße im Pazifik werben.

Singapur/Wien. Das heurige Treffen der Südostasien-Gemeinschaft Asean öffnet ein Fenster in die Zukunft: Vor der Suntec-City in Singapur, wo bis Donnerstag der 33. Asean-Gipfel stattfindet, patrouillieren menschenhohe Roboterpolizisten. Diese mit einer Kamera ausgestatteten „Robocops“ sollen Beamten helfen, verdächtige Gegenstände zu identifizieren.

Doch es sind nicht nur die elektronischen Sicherheitsbeamten, die einen Vorgeschmack auf eine mögliche Hightech-Zukunft in Teilen Südostasiens geben. Deutlich wurde in diesen Tagen erneut, wer im 635 Millionen Einwohner zählenden Asean-Raum in den nächsten Jahrzehnten höchstwahrscheinlich das Sagen haben wird: Chinas Premier Li Keqiang dominierte als wichtigster Gast das Treffen der zehn südostasiatischen Staaten – obwohl China gar nicht Asean-Mitglied ist. Er stellte ganz klar US-Vizepräsident Mike Pence in den Schatten, dessen Land sich eigentlich als westliche „Schutzmacht“ der meisten Asean-Staaten versteht.

Die Pekinger Präsenz hinterließ bei den Gipfel-Diskussionen deutliche Spuren: Im Territorialstreit mit China konnten sich die Asean-Staaten auch diesmal nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen. Zu groß ist die ökonomische Abhängigkeit der meisten Mitglieder von der aufstrebenden Supermacht. Niemand will China wirklich die Stirn bieten – obwohl die Volksrepublik auf 80 Prozent des rohstoffreichen und strategisch wichtigen Südchina-Meeres Anspruch erhebt, unter anderem auf Territorien, die die Philippinen, Vietnam, Malaysia oder Brunei als ihr Staatsgebiet ansehen. Das Internationale Schiedsgericht hat Chinas Forderungen abgewiesen, doch Peking lässt das kalt.

Chinas Territorialansprüche führen auch zu verschärften Spannungen mit den USA, die Pekings Hegemonialbestrebungen bremsen wollen. Immer wieder kam es zuletzt in dem umstrittenen Seegebiet zu Zwischenfällen zwischen Marineschiffen der beiden Weltmächte. Washington lässt dort auch deshalb die Marine operieren, um demonstrativ für die Freiheit der Schifffahrt einzutreten. Für zusätzlichen Zündstoff sorgt der Handelskrieg zwischen den Weltmächten.

Li gab sich gestern betont staatsmännisch-moderat: Frieden und Stabilität seien in den vergangenen Jahren auf dem Seegebiet bewahrt worden, sagte er. In Wirklichkeit dürfte er sich aber freudig die Hände reiben: So konnte er zumindest in diesen Tagen den einst wichtigsten US-Alliierten der Region, die Philippinen, für sich gewinnen. Obwohl Manila und Peking über Seeterritorien streiten, gab sich der philippinische Präsident Rodrigo Duterte gestern kuschelweich: „Ihr seid da, habt die Kontrolle übernommen, und nun sagt uns, wie wir uns verhalten sollten“, soll er Li gesagt haben.

Duterte erhofft sich Milliardeninvestitionen aus Peking. Mit ökonomischen Spritzen unter anderem für sensible Infrastruktur hat China schon wirtschaftlich angeschlagene Staaten wie Malaysia, Kambodscha, Laos oder Burma für sich gewonnen – und geostrategisch nützliche Abhängigkeiten geschaffen.

China buhlt um Pazifikinseln

Um seine Dominanz zu zementieren, träumt China laut Insidern davon, die Seidenstraße auf den Pazifik auszuweiten. Offenbar sollen Staatschefs pazifischer Inseln verlockende Investitionsangebote gemacht werden. Dazu blickt Peking auf Papua-Neuguinea, wo am Wochenende der Gipfel der Asiatisch-Pazifischen-Wirtschaftsgemeinschaft Apec stattfinden wird. Im verarmten Inselstaat finden derzeit hektische Vorbereitungen statt, Luxusautos werden eigens eingeflogen, noble Kreuzfahrtschiffe sollen mangels anderer Unterkünfte als Hotels dienen.

Immerhin wird aus China Staatschef Xi Jinping persönlich anreisen – vermutlich mit lukrativen Verträgen in der Tasche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2018)

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