Schuldig des Genozids: Anführer der Roten Khmer verurteilt

Der einstige Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan (rechts) wurden des Genozids schuldig gesprochen.
Der einstige Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan (rechts) wurden des Genozids schuldig gesprochen.(c) imago/Kyodo News (imago stock&people)
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Der einstige Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan wurden des Völkermordes für schuldig befunden. Das Strafmaß: eine lebenslange Haftstrafe.

Ein von den Vereinten Nationen unterstütztes Sondertribunal in Kambodscha hat erstmals Vertreter des Rote-Khmer-Regimes wegen Völkermordes verurteilt. Der einstige Chefideologe Nuon Chea und Ex-Staatschef Khieu Samphan wurden am Freitag des Genozids schuldig gesprochen und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Beide waren zuvor bereits wegen anderer Vorwürfe verurteilt worden - unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Roten Khmer wollten zwischen 1975 und 1979 eine maoistische Bauerngesellschaft verwirklichen. Durch Hungersnöte, Zwangsarbeit, Folter und Ermordungen kamen in dem kleinen südostasiatischen Land nach Schätzungen mindestens 1,7 Millionen Menschen um. Schließlich wurden die Roten Khmer von vietnamesischen Truppen von der Macht vertrieben.

Der Vorsitzende Richter Nil Nonn zeichnete in seiner Urteilsbegründung ein grausames Bild der Schreckensherrschaft der Roten Khmer. Die Verfolgung von Minderheiten, erzwungene Auflösungen buddhistischer Klöster und Massenhinrichtungen waren Alltag. Männer und Frauen seien zum Sex gezwungen worden, um Nachwuchs für das Regime zu zeugen. Die Anwälte der beiden Beschuldigten kündigten Berufung gegen das Urteil an. „Khieu Samphan hatte keine Macht, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, deshalb ist das Urteil für mich sehr verstörend“, sagte der Anwalt des Ex-Staatschefs.

"Sie haben zu viele meiner Angehörigen getötet"

Angehörige der Opfer zeigten ich hingegen erleichtert. Die Roten Khmer hätten „zu viele“ seiner Familienmitglieder getötet, sagte der 72-jährige Los Sat, Angehöriger der Cham-Muslime. „Ich bin wirklich zufrieden mit dem Urteil.“ Der ehemalige UN-Sondergesandte für die Rote-Khmer-Prozesse, David Scheffer, verglich die Bedeutung des Urteilsspruchs vom Freitag mit den Nürnberger Prozessen gegen hochrangige Nazis nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Gerichtsentscheidung habe ein „erhebliches Gewicht“ für Kambodscha, die internationale Strafjustiz und die Geschichte. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach hingegen von einem Urteil mit „bitterem“ Beigeschmack. Das im Jahr 2006 eingerichtete Sondertribunal hätte „viel mehr“ erreichen müssen. Bisher hat das Gericht nur drei Angeklagte verurteilt. Die Kosten für das Tribunal belaufen sich mittlerweile auf mehr als 300 Millionen Dollar (264 Millionen Euro).

Kambodschas Regierungschef Hun Sen - selbst ein ehemaliges Mitglied der Roten Khmer - hatte wiederholt angekündigt, weitere Verfahren zu der Schreckensherrschaft zu stoppen. Er verwies zur Begründung auf die Stabilität des Landes, die durch neue Prozesse gefährdet werden könne.

(APA/AFP)

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