Affäre Ramadan: Umstrittener Theologe wird nun vollends demontiert

Tief gefallen: Tariq Ramadan
Tief gefallen: Tariq Ramadan(c) REUTERS (Mike Segar)
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Der wegen Vergewaltigungen angeklagte islamische Startheologe Tariq Ramadan verliert mit Katar seinen wichtigsten Rückhalt. Und das ist nicht alles: In der Schweiz treibt ein brisanter Bericht ihn weiter in die Enge.

Vor zwei Wochen durfte der Schweizer Tariq Ramadan in Frankreich die Unterschungshaft verlassen, gegen eine Kaution von 300.000 Euro und bei Verbot, das Land zu verlassen. Zwei Frauen werfen dem 56-Jährigen, immer schon heftig umstrittenen islamischen Startheologen vor, sie 2009 beziehungsweise 2012 vergewaltigt zu haben.

Nun ist Ramadan zwar in Frankreich vorläufig auf freiem Fuß, verliert aber dennoch weiter rasant an Boden: Im arabischen Staat Katar, der bisher Ramadans wichtigster Geldgeber war, verliert Ramadan seinen bisherigen Rückhalt,  berichtet die französische Zeitung "Libération".

Er sei "sexsüchtig", täusche die Muslime

Katar hatte Ramadans mittlerweile still gelegten Lehrstuhl in Oxford finanziert und auch maßgeblich sein islamisches Forschungszentrum in Doha (Research Centre of Islamic Legislation and Ethics, CILE) gefördert. Nun jedoch hat der einflussreiche, der Regierung nahe stehende politische Analyst Mohamed el-Moctar el-Shinqiti in seinem Blog die Muslime dazu aufgerufen, Ramadan ihre Unterstützung zu entziehen. El-Shinqiti hatte Ramadan zu Beginn, als die Vorwürfe aufkamen, noch entschieden verteidigt. Nun nennt er ihn einen "Sexsüchtigen, der die von ihm missbrauchten Personen verachtet und die Muslime täuscht". Ramadan habe in einer "Parallelwelt" gelebt, "weit entfernt von der islamischen Moral und islamischen Werten". Und dies sei nicht "Schwäche" gewesen, sondern "bewusste Wahl".

Damit nicht genug. Ein offizieller Bericht, der soeben den Schweizer Behörden übergeben wurde und demnächst veröffentlicht werden soll, bestätigt laut "Libération"  Vorwürfe, die im Herbst vor einem Jahr in der Zeitung Tribune de Genève erhoben worden waren. Ramadan habe demnach als Lehrer am Genfer Gymnasium „Collège de Saussure“ systematisch minderjährige Schülerinnen verführt. Im Bericht ist nun von "Berührungen und sexuell konnotierten Angeboten" gegenüber  "mindestens drei minderjährigen Schülerinnen in den Jahren 1986, 87 und 88" die Rede.

Doppelzüngiger Scharfmacher

Ramadan, ein Enkel des Gründers der Muslimbrüderschaft, Hassan al-Banna, war aufgrund seiner religiösen und religionspolitischen Positionen stets eine hoch kontroversielle, oft als doppelzüngig kritisierte Figur. Er wuchs in der Schweiz auf und war seit den 90er-Jahren vor allem in Frankreich politisch sehr aktiv, mit großem Einfluss auf die dortige muslimische Jugend. Von vielen wurde er als Wegbereiter eines gemäßigten Euro-Islam gesehen, obwohl er konservative, orthodox-sunnitische Positionen vertrat, zur islamischen Mission in Europa aufrief und  Muslime vor Assimiliation warnte. Von seinen - in den sozialen Netzwerken nach wie vor hoch aktiven - Anhängern wird er zum Teil immer noch gefeiert und als Opfer gesehen. Seine Verleumder, so behaupten sie, hätten es nur darauf abgesehen, Ramadan als einflussreichen Theologen in Verruf zu bringen.

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