Die Farce um den UN-Flüchtlingspakt

Noch heuer, am 17. Dezember, soll die UN-Generalversammlung den Flüchtlingspakt absegnen.
Noch heuer, am 17. Dezember, soll die UN-Generalversammlung den Flüchtlingspakt absegnen.(c) REUTERS (Marko Djurica)
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Die Bundesregierung nimmt den Flüchtlingspakt trotz Bedenken an. Das soll der Ministerrat am Mittwoch beschließen. Dabei hat Österreich dem Papier schon zugestimmt: am 13. November.

Wien. Der umstrittene Migrationspakt hat einen unscheinbaren Bruder: den Flüchtlingspakt. Beide haben ihren Ursprung in der New Yorker Erklärung, die 193 Staaten der UNO vor zwei Jahren einstimmig verabschiedet haben. Noch heuer, am 17. Dezember, soll die UN-Generalversammlung den Flüchtlingspakt absegnen. Anders als beim globalen Migrationsabkommen stimmt Österreich zu.

Wie „Die Presse“ erfuhr, soll der Ministerrat am Mittwoch einen entsprechenden Antrag des Außenamts durchwinken. Doch ohne hochgezogene Augenbrauen geht es auch diesmal nicht vonstatten. Vor der Resolution, in der die UN-Vollversammlung den Flüchtlingspakt gutheißt, möchte Österreich eine Erklärung abgeben. Darin will die Bundesregierung unterstreichen, dass die Republik etwaiges Gewohnheitsrecht, das dereinst aus dem Pakt hervorgehen könnte, nicht dulden werde und über völkerrechtliche Verpflichtungen, wie sie etwa in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt sind, nicht hinausgehen werde. Eine Fleißaufgabe: Denn ebenso wie der Migrationspakt ist auch der Flüchtlingspakt ausdrücklich rechtlich nicht bindend.

Am Wochenende hatte ein Bericht des „Standard“ über die bevorstehende Zustimmung Österreichs zum Flüchtlingspakt das Außenamt aufgescheucht. Einigen in der FPÖ gefiel das kolportierte Ja ohne Wenn und Aber gar nicht. Nach politischen Interventionen waren am Minoritenplatz deshalb Überstunden fällig. Auf Geheiß der von der FPÖ nominierten Chefdiplomatin Karin Kneissl veröffentlichte die Presseabteilung des Außenamts eine „Klarstellung“, in der Distanz zur UN-Vereinbarung deutlich wurde. Der UNO-Flüchtlingspakt sei nicht die beste Lösung zur Regelung von Asylfragen, hieß es gleich zu Beginn des Außenamts-Statements.

Der über die APA verbreitete Text des Außenamts wird wohl als Schablone für die angestrebte Erklärung vor der UNO dienen. Es ist darin von Bedenken gegen die globale Verteilung von Flüchtlingen die Rede. Tatsächlich ist dies ein zentraler Punkt des Pakts. Schon in der Einleitung des UN-Papiers wird auf die „dringende Notwendigkeit“ verwiesen, die Lasten sowie die Verantwortung bei der Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen gerechter aufzuteilen. Regelmäßig sollen künftig deshalb globale Flüchtlingsforen auf Ministerebene stattfinden, das erste schon 2019 in Genf.

Wien brachte Resolution ein

Das Ungleichgewicht spiegelt sich in den Statistiken des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR wider. Von den 28,5 Millionen Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, beherbergen Entwicklungs- oder Schwellenländer 85 Prozent. Die EU nahm 3,7 Millionen Flüchtlinge auf – um 100.000 weniger als die Türkei allein.

Deshalb finden sich im Flüchtlingspakt wiederholt Appelle, mehr Solidarität mit den Aufnahmeländern zu zeigen und sich verstärkt an UNHCR-Umsiedlungsprogrammen zu beteiligen. Österreich freilich hat seine Teilnahme am „Resettlement“ zuletzt ausgesetzt. Flüchtlinge will die Regierung zudem nicht nur zur freiwilligen Rückkehr bewegen, wie dies im Pakt empfohlen wird, sondern auch „zwangsweise aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ anwenden. Grundsätzlich befürwortet die Bundesregierung das Papier aber trotzdem. Denn aus den 21 Seiten des Pakts, in dem vor allem auch Fluchtursachen der Kampf angesagt wird, erwächst keine Verpflichtung, die über die Genfer Konvention hinausreicht.

In Wirklichkeit hat Österreich den Pakt bereits angenommen: am 13. November im Dritten Komitee der UN-Generalversammlung. Es hat die Resolution sogar eingebracht – gemeinsam mit 66 Mitgliedern, darunter der gesamten EU mit Ausnahme Ungarns. Eine Votumserklärung ist deshalb gar nicht mehr möglich, nur eine allgemeine Erklärung, wenn dies der Vorsitzende der Session am 17. Dezember gestattet. Gegen den Flüchtlingspakt hat bisher übrigens nur ein Staat votiert: die USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2018)

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